Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 26. September 2024 wichtige Klarstellungen zur Werbung mit Preisermäßigungen getroffen, die den Verbraucherschutz in der Europäischen Union deutlich stärken. Das Urteil betrifft insbesondere die Preisangaben bei Rabattaktionen und stellt klare Anforderungen an die Transparenz dieser Angaben gemäß Artikel 6a der Richtlinie 98/6/EG.
Sachverhalt
Im vorliegenden Fall hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die Aldi Süd Dienstleistungs SE & Co. OHG geklagt, weil diese in ihrer Werbung irreführende Preisermäßigungen angab. So war in einer Kampagne eine Reduzierung auf einen vorherigen Preis angegeben, der nicht korrekt den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage darstellte. Konkret ging es um Bananen und Ananas, bei denen ein reduzierter Preis von 1,29 Euro angegeben wurde, obwohl ein anderer, niedrigerer Preis in den letzten 30 Tagen bereits gegolten hatte.
Rechtliche Grundlagen und Analyse
Der EuGH beschäftigte sich in seinem Urteil intensiv mit der Richtlinie 98/6/EG, insbesondere Artikel 6a, der im Jahr 2019 im Rahmen der Richtlinie 2019/2161 eingeführt wurde. Dieser Artikel legt fest, dass Preisermäßigungen in der Werbung auf dem niedrigsten Preis basieren müssen, den der Händler innerhalb der letzten 30 Tage vor der Preissenkung verwendet hat. Ziel dieser Regelung ist es, Scheinermäßigungen zu verhindern, bei denen Händler die Preise künstlich erhöhen, um anschließend eine vermeintlich große Preisreduzierung zu bewerben.
Verbot der Irreführung durch falsche Preisangaben
Der EuGH machte deutlich, dass es nicht ausreicht, in der Werbung irgendeinen vorherigen Preis anzugeben. Der niedrigste Preis der letzten 30 Tage muss der Berechnungsgrundlage der beworbenen Ermäßigung entsprechen. Das bedeutet, dass jeder angegebene Rabatt auf einem realen, innerhalb der letzten 30 Tage verlangten Preis basieren muss. Der EuGH betonte, dass eine Abweichung von dieser Regelung eine Irreführung der Verbraucher darstellt.
Einheitlichkeit im Binnenmarkt
Der Gerichtshof wies außerdem darauf hin, dass die Verbraucherinformation im gesamten Binnenmarkt einheitlich und transparent sein muss. Die Richtlinie soll sicherstellen, dass Verbraucher fundierte Entscheidungen treffen können, indem sie klare und transparente Preisinformationen erhalten. Dies erfordert, dass die Preisangaben unmissverständlich und gut lesbar sind. Jede Abweichung oder Manipulation bei der Preisangabe würde den Wettbewerb verzerren und den Verbraucherschutz untergraben.
Diese Entscheidung erweitert die bestehende Rechtsprechung, insbesondere im Bereich der irreführenden Werbung, die bereits durch frühere Urteile in Deutschland geprägt wurde.
Historische Rechtsprechung zur Werbung mit Rabatten
In der Vergangenheit beschäftigten sich deutsche Gerichte mehrfach mit Fragen der Werbung und Rabatten. Ein prägnantes Beispiel ist ein Fall des OLG Hamm aus dem Jahr 2010, der sich mit einer irreführenden Online-Werbung für Kondome befasste. In diesem Fall wurde beworben, dass 100 Kondome ab 3,95 Euro verfügbar seien, jedoch stellte sich später heraus, dass das Angebot auf eine Packung pro Bestellung limitiert war. Das Gericht prüfte die Relevanz der Irreführung und kam zu dem Schluss, dass nur jene Verbraucher betroffen seien, die tatsächlich mehr als eine Packung bestellen wollten, was eine Minderheit darstellte. Es wurde keine wesentliche Täuschung festgestellt.
Ein weiteres Urteil des Landgerichts Essen beschäftigte sich mit der Werbung von Zahnärzten. Hier wurde betont, dass unzulässige Preisvergleiche und unklare Preisversprechen unzulässig seien, wenn sie nicht auf einer realen Vergleichsgrundlage beruhen. Beispielsweise wurde ein Preisversprechen „deutlich preisgünstiger als im Internet“ ohne entsprechenden Nachweis als unzulässig angesehen.
Kontext zur EuGH-Entscheidung 2024
Im Gegensatz zu diesen früheren Entscheidungen geht der EuGH in seinem Urteil von 2024 noch einen Schritt weiter und konkretisiert die Vorgaben zur Preiswerbung europaweit. Gemäß Artikel 6a der Richtlinie 98/6/EG müssen Händler bei der Angabe von Rabatten immer den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage als Grundlage verwenden. Dies soll sicherstellen, dass Scheinermäßigungen, die durch kurzfristige Preiserhöhungen verschleiert werden, vermieden werden .
Die Entscheidung des EuGH zielt auf eine klare Transparenz in der Werbung ab, die Verbraucher vor irreführenden Rabatten schützen soll. Während frühere Fälle wie das Urteil des OLG Hamm oder das LG Essen sich auf die Irreführung durch inkonsistente oder unvollständige Angaben konzentrierten, legt der EuGH nun einen klaren rechtlichen Standard fest, der für alle Mitgliedsstaaten verbindlich ist. Diese Harmonisierung stärkt den Verbraucherschutz und setzt klare Grenzen für Werbemaßnahmen mit Rabatten.
Auswirkungen und Fazit
Dieses Urteil stellt einen wichtigen Schritt in Richtung eines stärkeren Verbraucherschutzes dar. Der EuGH hat klargestellt, dass Preisermäßigungen nur auf Basis des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage erfolgen dürfen. Dies bedeutet, dass Händler keine künstlichen Preissteigerungen vornehmen können, um irreführende Ermäßigungen anzuzeigen. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie ihre Preisstrategien genau überprüfen müssen, um sicherzustellen, dass ihre Rabatte den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
Die EuGH-Entscheidung von 2024 erweitert im Ergebnis die bisherige Rechtsprechung zu Rabatten und Preisermäßigungen erheblich. Sie bringt mehr Klarheit und striktere Anforderungen an Händler, insbesondere in Bezug auf die Angabe von Preisreduzierungen.
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