In einer recht anschaulichen Entscheidung zum Domainrecht konnte sich der Bundesgerichtshof (I ZR 185/14) zum einen umfassend zur Registrierung durch einen Treuhänder äussern; darüber hinaus wurde damit im Jahr 2016 nochmals ein sehr gelungener Überblick über die aktuelle Rechtslage zum Namensrecht und DOmainrecht gegeben. Im Kern hat der Bundesgerichtshof erklärt:
- Der Registrierung eines aus einem bürgerlichen Namen bestehenden Domainnamens durch einen Treuhänder kommt im Verhältnis zu Gleichnamigen die Priorität zu, wenn für alle Gleichnamigen eine einfache und zuverlässige Möglichkeit besteht zu überprüfen, ob die Registrierung des Namens als Domainname im Auftrag eines Namensträgers erfolgt ist oder ob der Namensträger die Eintragung nachträglich genehmigt hat, bevor der gleichnamige Prätendent – etwa im Wege eines Dispute-Eintrags bei der DENIC – den Domainnamen beansprucht.
- Wird zu dem Zeitpunkt, in dem ein gleichnamiger Prätendent erstmals Ansprüche auf den Domainnamen anmeldet, unter dem Domainnamen im Internet lediglich der Hinweis „Hier entsteht eine neue Internetpräsenz“ angezeigt, rechtfertigt dies nicht die Annahme, dass die Registrierung des Domainnamens im Auftrag des Namensträgers erfolgt ist.
Damit bestätigt der Bundesgerichtshof seine frühere Rechtsprechung, er hatte bereits vor Jahren geklärt (BGH, I ZR 59/04), dass ein Namensträger einem anderen schuldrechtlich gestatten kann, seinen Namen zu benutzen und dies bei Namenskollisionen zu berücksichtigen ist.
Dazu auch bei uns: Übersicht über die Rechtsprechung zum Namensrecht und Domainrecht
Im Folgenden die wesentlichen Teile der Entscheidung, die für sich sprechen.
Voraussetzung der Namensanmaßung bei Domain-Nutzung
Eine im Streitfall allein in Betracht kommende unberechtigte Na- mensanmaßung im Sinne des § 12 Satz 1 Fall 2 BGB setzt voraus, dass ein Dritter unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintritt und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt wer- den (…) Diese Voraussetzungen können auch durch eine bloße Registrierung des Domainnamens erfüllt werden. Das kommt in Betracht, wenn mit der Registrierung eine erhebliche Beeinträchtigung der namensrechtlichen Befugnisse verbunden ist (…) Wird der eigene Name durch einen Nichtberechtigten als Domainname unter der in Deutschland üblichen Top- Level-Domain „.de“ registriert, wird dadurch über die Zuordnungsverwirrung hinaus ein besonders schutzwürdiges Interesse des Namensträgers beeinträchtigt, da die mit dieser Bezeichnung gebildete Internetadresse nur einmal vergeben werden kann (…) Der berechtigte Namensinhaber wird so von der eigenen Nutzung des Namens als Domainname unter dieser Top-Level-Domain ausgeschlossen (…) Kommen mehrere Personen als berechtigte Namensträger in Betracht, gilt für sie hinsichtlich der Registrierung ihres Namens als Domainname grundsätzlich das Gerechtigkeitsprinzip der Priorität (…)
Namensgebrauch auch durch leicht abgewandelte Darstellung mit Bindestrich
Wenig überraschen sollte, dass eine nur leicht abgewandelte und naheliegende Form der Veränderung dennoch einen Namensgebrauch darstellt:
Der Annahme eines Namensgebrauchs im Sinne des § 12 Satz 1 Fall 2 BGB steht im Streitfall nicht entgegen, dass in dem in Rede stehenden Domainnamen der Vorname vom Nachnamen durch einen Bindestrich getrennt ist. Der Bindestrich wird ersichtlich als Ersatz für das im Rahmen eines Domainnamens technisch nicht mögliche Leerzeichen gebraucht (…)
Zuordnungsverwirrung durch den Namensgebrauch
Eine Zuordnungsverwirrung liegt im Regelfall bereits dann vor, wenn ein Dritter einen fremden Namen namensmäßig im Rahmen einer Internetadresse verwendet. Der Verkehr sieht in der Verwendung eines unterscheidungskräftigen, nicht sogleich als Gattungsbegriff verstandenen Zeichens als Internetadresse im Allgemeinen einen Hinweis auf den Namen des Betreibers des jeweiligen Internetauftritts (…) Es sind keine Umstände vorgetragen oder ersichtlich, die vorliegend Anlass zu einer abweichenden Beurteilung geben.
Zur Befugnis beim Namensgebrauch
Die Streitfrage ist dann letztlich, ob eine Befugnis zum Namensgebrauch im Rahmen der Domain vorlag. Dabei gilt der Grundsatz: In Wahrung eigener Namensrechte oder nach Delegation von Namensrecht kein Problem:
Der Gebrauch eines Namens ist befugt im Sinne des § 12 Satz 1 Fall 2 BGB, wenn dem Benutzer eigene Rechte an diesem Namen zustehen (…) Zudem kann ein Namensträger einem anderen gestatten, seinen Namen zu benutzen, wobei diese Gestattung auf einen bestimmten Zweck beschränkt werden kann und zudem nicht schrankenlos zulässig ist (…)
Befugnis des Domain-Treuhänders
Zur Befugnis des Domain-Treuhänders stellt der BGH dann fest, dass dies selbstverständlich gegeben ist, jedenfalls grundsätzlich:
In Fällen, in denen ein Domainname aufgrund des Auftrags eines Namensträgers auf den Namen eines Treuhänders registriert worden ist, kommt dieser Registrierung im Verhältnis zu Gleichnamigen die Priorität zu, wenn für alle Gleichnamigen eine einfache und zuverlässige Möglichkeit besteht zu überprüfen, ob die Registrierung des Namens als Domainname im Auftrag eines Namensträgers erfolgt ist (…) Besteht schon zu dem Zeitpunkt, in dem ein gleichnamiger Prätendent erstmals Ansprüche auf den Domainnamen anmeldet, unter dem Domainnamen ein Internetauftritt des Namensträgers, kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Registrierung des Domainnamens im Auftrag des Namensträgers erfolgt ist (…) Gleiches gilt, wenn der Namensträger bei im Übrigen gleichen Voraussetzungen zwar ursprünglich keinen Auftrag zur Eintragung des Domainnamens erteilt, die Eintragung aber nachträglich genehmigt hat, bevor der gleichnamige Prätendent – etwa im Wege eines Dispute-Eintrags bei der DENIC – den Domainnamen beansprucht (…) In einem solchen Fall kann der im Auftrag eines Namensträgers handelnde Dritte das Namensrecht einem Gleichnamigen entgegen halten.
Domain-Treuhänder: Inhaltsleerer Platzhalter genügt nicht für Befugnis
Die treuhänderische Registrierung des beanstandeten Domainnamens durch den Beklagten stellt keinen befugten Namensgebrauch dar, weil es – wie auch das Berufungsgericht angenommen hat – an einer einfachen und zuverlässigen Möglichkeit fehlte zu überprüfen, ob die Registrierung im Auftrag eines Namensträgers erfolgt ist.
Der Internetauftritt unter dem Domainnamen (…) enthält lediglich den Hinweis, dass dort eine neue Internetpräsenz entsteht. Ein solcher Hinweis stellt keinen Internetauftritt des Namensinhabers dar, der die Annahme rechtfertigt, die Registrierung des Domainnamens sei im Auftrag des Namensträgers erfolgt (…)
Keine Ausnahme wegen neuer TLDs oder Möglichkeit andere Domains zu nutzen
Auch das ist gefestigte Rechtsprechung, wird nun aber nochmals überdeutlich klar gestellt – der Namensberechtigte muss sich nicht auf alternative Möglichkeiten wie andere Domainendungen verweisen lassen:
Dem Umstand, dass die Klägerin ihren Namen bereits mit den für sie registrierten Domainnamen (…) nutzt, kommt bei der Frage der Priorität der Domainregistrierung keine Bedeutung zu. Die Möglichkeit, anderslautende Domainnamen zu nutzen, ändert nichts daran, dass die Klägerin durch die Registrierung des beanstandeten Domainnamens von der gleichlautenden Nutzung ihres Namens ausgeschlossen ist. Dies muss sie nur hinnehmen, wenn die beanstandete Registrierung im Auftrag eines Gleichnamigen erfolgt ist und dies einfach und zuverlässig überprüft werden kann. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die Chancengleichheit der Gleichnamigen bei der Nutzung ihres Namens als Domainname durch unberechtigte Interventionen Dritter beeinträchtigt würde (…)
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigt auch das mittlerweile verfügbare größere Angebot an Top-Level-Domains es nicht, im Falle der Domainregistrierung durch Dritte auf die vorgenannte Einschränkung zu verzichten. Der Namensträger muss sich bei der Nutzung seines Namens nicht durch einen Dritten, der diesen Namen unbefugt gebraucht, auf anderslautende Top-Level-Domains verweisen lassen.
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