Auslieferung nach und von Dubai – Eine gefährliche Grauzone?

Die Vereinigten Arabischen Emirate, allen voran , gelten vielen als luxuriöses Refugium: Sonne, Steuerfreiheit, Anonymität – und scheinbar weit entfernt von der Reichweite deutscher Strafverfolger. Doch in der Realität hat sich dieses Bild in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Es gibt erste, deutliche Anzeichen dafür, dass die Zahl der Auslieferungen deutscher Staatsbürger von Dubai nach Deutschland zunimmt – und umgekehrt auch deutsche Stellen zunehmend bereit sind, Auslieferungsersuchen aus den Emiraten ernsthaft zu prüfen. Grund genug, einen genaueren Blick auf die rechtlichen und praktischen Besonderheiten dieser Konstellation zu werfen.

Kein Vertrag, aber Auslieferung?

Zwischen Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten besteht kein bilaterales Auslieferungsabkommen. Dennoch sind Auslieferungen auf Basis diplomatischer Kanäle grundsätzlich möglich. Das deutsche Gesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) sieht ausdrücklich vor, dass auch vertraglose Auslieferungen zulässig sind – sofern bestimmte rechtliche Mindeststandards eingehalten werden.

Für deutsche Gerichte ist entscheidend, dass die verfassungsrechtlich garantierten Menschenrechte des Betroffenen auch im ersuchenden Staat gewahrt bleiben. Bei den VAE bestehen hier oft berechtigte Zweifel: Internationale Organisationen und auch Entscheidungen britischer und italienischer Gerichte warnen regelmäßig vor menschenrechtswidrigen Haftbedingungen, mangelnder Gewaltenteilung und fragwürdiger Strafverfolgungspraxis – insbesondere bei Vorwürfen wie Scheckbetrug, die in den VAE weit gefasster sind als im kontinentaleuropäischen Rechtskreis.

Bundesweite Beobachtung: Zunehmende Auslieferung aus Dubai?

Aus deiner beruflichen Praxis heraus entsteht der Eindruck, dass Auslieferungen deutscher Staatsbürger aus Dubai in den letzten Jahren häufiger geworden sind. Dies deckt sich mit internationalen Beobachtungen: Die VAE sind zunehmend bereit, bei -Fahndungen mitzuwirken und über diplomatische Kanäle Auslieferungen zu vollziehen – auch ohne vertragliche Grundlage.

Ein aktuelles Beispiel sind Verfahren im Kontext verschlüsselter Kommunikationssysteme wie oder Anom. Verdächtige flohen nach Dubai, wurden dort aber auf Antrag deutscher Behörden festgenommen und später überstellt. Der rechtspolitische Wind hat sich offenbar gedreht: Dubai erscheint nicht mehr als sicherer Rückzugsort.

Die Rechtslage in den Emiraten: Strenge Regeln, wenig Transparenz

Das Auslieferungsrecht der VAE ist in Bundesgesetz Nr. 39 von 2006 geregelt und wurde zuletzt durch Gesetz Nr. 38/2023 modernisiert. Die Regelungen sind auf den ersten Blick strukturiert und rechtsstaatlich: Auslieferungen sind nur bei beidseitiger Strafbarkeit, Mindeststrafrahmen von einem Jahr, und unter Wahrung menschenrechtlicher Standards zulässig. Das Gesetz sieht u.a. Schutz vor politischer Verfolgung und sowie ein Verbot der bei drohender Folter oder Todesstrafe vor.

Doch in der Praxis sind Zweifel angebracht. Die Erfahrung zeigt, dass formelle Garantien nicht unbedingt reale Sicherheit bieten. Besonders problematisch ist, dass bei „weichen“ Delikten wie angeblichem Scheckbetrug oft keine klare Trennung zwischen zivilrechtlicher Forderung und strafrechtlicher Sanktion gezogen wird – ein massives Problem bei der Prüfung der Strafbarkeit nach deutschem Maßstab.

Was bedeutet das für Betroffene?

Wer sich als deutscher Staatsbürger in Dubai aufhält und Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen wird, sollte sich der Gefahr einer (auch informellen) Auslieferung bewusst sein. Auch wenn kein offizielles Abkommen besteht, entscheiden Gerichte und Ministerien beider Staaten zunehmend pragmatisch. Dabei gelten oft diplomatische Erwägungen mehr als rechtsstaatliche Feinheiten.

Aus deutscher Sicht müssen Gerichte eine umfassende Prüfung vornehmen – insbesondere ob dem Betroffenen in Dubai ein faires Verfahren bevorsteht. Eine pauschale Verweigerung der Auslieferung nur wegen des Rechtssystems der VAE ist aber nicht vorgesehen. Umso wichtiger ist eine substanzielle Verteidigung, etwa durch Gutachten zur Menschenrechtslage oder zur konkreten Auslegung des Strafvorwurfs im Herkunftsland.

Rechtsanwalt Ferner zur Auslieferung nach und von Dubai – Eine gefährliche Grauzone?

Dubai ist kein rechtsfreier Raum – und auch kein sicherer Hafen mehr. Das gilt insbesondere für Personen, gegen die in Deutschland ermittelt wird. Auslieferung aus Dubai nach Deutschland ist möglich – ebenso wie eine Auslieferung in umgekehrter Richtung, wenn auch mit vielen rechtlichen Fallstricken.


Fazit: Wachsamkeit ist geboten

Tatsächlich entsteht derzeit der Eindruck, dass die Kooperationsbereitschaft beider Seiten wächst, wohl nicht zuletzt vor dem Hintergrund internationaler Strafverfolgung im Bereich organisierter Kriminalität, Finanzdelikte und digitaler Kommunikation. Dies bedeutet aber auch: Wer in Dubai lebt oder dorthin reist, sollte sich – trotz Luxus und Sonne – der rechtlichen Risiken bewusst sein.

Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht bei Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht mit Schwerpunkt Cybersecurity & Softwarerecht. Ich bin zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht und zur EU-Staatsanwaltschaft.Als Softwareentwickler bin ich in Python zertifiziert und habe IT-Handbücher geschrieben.

Erreichbarkeit: Per Mail, Rückruf, Threema oder Whatsapp.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht und anspruchsvolles IT-Recht inkl. IT-Sicherheitsrecht - ergänzt um Arbeitsrecht mit Fokus auf Managerhaftung.
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht - zertifizierter Experte in Krisenkommunikation & Cybersecurity)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht mit Schwerpunkt Cybersecurity & Softwarerecht. Ich bin zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht und zur EU-Staatsanwaltschaft.Als Softwareentwickler bin ich in Python zertifiziert und habe IT-Handbücher geschrieben.

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