Die Frage, wann ein Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzs (AMG) vorliegt, hat mitunter strafrechtlicher Relevanz. Dabei unterscheidet das Gesetz, entsprechend § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die
- entweder zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind (sog. „Präsentationsarzneimittel“) oder
- im oder am menschlichen Körper angewendet oder verabreicht werden können, um entweder a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder b) eine medizinische Diagnose zu erstellen (dies sind die sog. „Funktionsarzneimittel“).
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Präsentationsarzneimittel
Der BGH (5 StR 57/22) konnte sich dazu äußern, wann genau ein Präsentationsarzneimittel vorliegt, was im Strafrecht besonders relevant ist: So fallen unter das Präsentationsarzneimittel nicht nur objektiv tatsächlich therapeutisch wirksame Stoffe, sondern auch solche, die lediglich subjektiv eine entsprechende Zweckbestimmung aufweisen (so schon BGH, 2 StR 535/12).
Von dem Begriff der Präsentationsarzneimittel werden neben „echten“ Arzneimitteln dabei auch solche Produkte erfasst, die nur den Anschein erwecken, therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken zu dienen. Der Schutzzweck des Gesetzes besteht darin, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen.
Deshalb soll mit dem BGH der Verbraucher auch vor solchen Produkten geschützt werden, die zur Erfüllung der erwünschten therapeutischen oder prophylaktischen Zwecke ungeeignet sind. Dies beruht auf der Überlegung, dass die Heilung einer Krankheit verzögert oder deren Verlauf verschlechtert werden kann, wenn statt geeigneter Medikamente unwirksame Anscheinsarzneimittel angewendet werden und dadurch eine sachgemäße Medikation verhindert oder verzögert wird.
Abzustellen ist am Ende auf das Gesamtbild, insbesondere auf die ausdrückliche oder konkludente Präsentation und Bezeichnung als Arzneimittel, wobei auf die Perspektive eines Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist; dabei werden vor allem die Ähnlichkeit mit einem „echten“ Arzneimittel in äußerer Form und Aufmachung und der Inhalt von Werbemaßnahmen relevant sein.
Strafbarkeiten mit Arzneimitteln
Wann spielt die Frage des Vorliegens eines Arzneimittels eine besondere Rolle? Hierzu muss man wissen, dass derjenige sich strafbar macht, der entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder Abs. 3 AMG mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt. Entsprechend § 43 Abs. 1 Satz 2 AMG darf mit Arzneimitteln im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG jenseits bestimmter Ausnahmen außerhalb von Apotheken kein Handel getrieben werden.
Apothekenpflicht und Verschreibungspflicht
Es gilt der Grundsatz, dass wenn kein Ausnahmetatbestand vorliegt, das entsprechende Medikament der Apothekenpflicht unterliegt. Es liegt zudem ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel vor, wenn die ihm zugeschriebenen pharmakologischen Wirkungen in der medizinischen Wissenschaft im Tatzeitraum nicht allgemein bekannt sind:
Hierfür reicht aus, dass einem neuen Stoff … bestimmte erhebliche pharmakologische Wirkungen zugeschrieben werden, die in der Wissenschaft umstritten und nicht allgemein bekannt sind. Denn der Gesetzgeber wollte mit Einfügung von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AMG aF im Sinne des Patientenschutzes gerade solche Arzneimittel mit neuen Stoffen erfassen, die noch nicht von einer Rechtsverordnung zur Verschreibungspflicht erfasst werden können (vgl. BT-Drucks. 16/12256, S. 52).
BGH, 5 StR 57/22
Eine Ausnahme von der (präventiven) Verschreibungspflicht für solche Präsentationsarzneimittel, bei denen sich im Nachhinein die Wirkungslosigkeit herausstellt, würde mit dem BGH dem vom Gesetzgeber bezweckten vorbeugenden Patientenschutz zuwiderlaufen, sodass auch hier keine Verteidigungsoption angeboten ist. Eine Beschränkung auf Stoffe, die bereits von einer Verordnung nach § 48 Abs. 2 AMG erfasst werden, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen, so der BGH weiter.
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