In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 7. August 2024 (3 StR 313/24) erläutert der BGH die Anforderungen an die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe unter sechs Monaten gemäß § 47 Abs. 1 StGB. Grundsätzlich darf eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten nur dann verhängt werden, wenn sie sich aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung aller die Tat und den Täter betreffenden Umstände als unverzichtbar erweist. Diese besondere Erforderlichkeit muss das Gericht in seinen Urteilsgründen klar und nachvollziehbar darlegen.
Der BGH führt aus, dass die bloße Verhängung einer längeren Gesamtstrafe oder das Vorliegen mehrerer Einzelfreiheitsstrafen diese Erörterung nicht überflüssig macht. Vielmehr ist es erforderlich, dass jede einzelne Freiheitsstrafe unter sechs Monaten individuell geprüft und gerechtfertigt wird. Die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe muss gut begründet sein, insbesondere wenn der Angeklagte unbestraft ist und keine Anhaltspunkte vorliegen, die eine derart einschneidende Sanktion zwingend erforderlich machen.
In dem vorliegenden Fall hatte das Landgericht Oldenburg vier Freiheitsstrafen von jeweils vier Monaten verhängt, ohne die besonderen Umstände darzulegen, die eine solch kurze Freiheitsstrafe als unerlässlich erscheinen lassen. Der BGH stellte fest, dass es keine Anhaltspunkte gab, die eine Freiheitsstrafe in diesem Fall zwingend erforderlich machten, da die Taten des Angeklagten mehr als 13 Jahre zurücklagen und er psychisch durch die lange Verfahrensdauer belastet war. Zudem wurde die Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt, was ebenfalls gegen die Unverzichtbarkeit der kurzen Freiheitsstrafen sprach.
Der BGH hob daher die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an eine andere Strafkammer des Landgerichts.
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