In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 8. August 2024 (3 StR 20/24) äußert sich der 3. Strafsenat zur Bewertung der Einlassung eines Angeklagten und wie diese im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist. Der BGH betonte dabei, dass an die Bewertung der Einlassung des Angeklagten dieselben Anforderungen zu stellen sind wie an die Würdigung anderer Beweismittel.
Das bedeutet, dass das Gericht die Angaben des Angeklagten nicht unkritisch als wahr hinnehmen darf, nur weil es keine unmittelbaren Beweise für das Gegenteil gibt. Vielmehr muss das Tatgericht alle Beweise und Indizien im Gesamtzusammenhang bewerten und auf dieser Grundlage eine Überzeugung über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Einlassung des Angeklagten bilden.
Der BGH hob hervor, dass objektive Beweisanzeichen, die gegen die Wahrheit der Einlassung des Angeklagten sprechen, bei der Beweiswürdigung besonderes Gewicht haben. Sollte das Gericht Teile der Aussage als Schutzbehauptung einordnen, so ist es angehalten, auch die übrigen Teile der Einlassung besonders kritisch zu hinterfragen. Die Überprüfung der gesamten Einlassung ist erforderlich, um zu verhindern, dass sich der Angeklagte durch falsche Angaben Vorteile verschafft.
„Die können mich nicht widerlegen“ äussern bauernschlaue Mandanten gerne und glauben, nur weil das Gericht keinen konkreten anderen Beweis hat, muss man sie freisprechen. So funktioniert unser Rechtssystem aber nicht: Der BGH verlangt in einer Tour, dass die Einlassungen eines Angeklagten stets kritisch im Zusammenhang mit allen anderen Beweismitteln betrachtet werden müssen. Eine pauschale Akzeptanz der Angaben ist unzulässig, insbesondere wenn objektive Beweise dem widersprechen.
In dem vorliegenden Fall hatte das Landgericht Koblenz die widersprüchlichen Einlassungen der beiden Angeklagten gegeneinander abgewogen, ohne zu berücksichtigen, dass möglicherweise beide Angeklagte falsche Angaben gemacht haben könnten. Der BGH kritisierte, dass das Landgericht diese naheliegende Möglichkeit nicht geprüft hatte und dadurch die Beweiswürdigung lückenhaft war.
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