Abzug von Wohnungsmiete bei Bestimmung des Tagessatzes

Bei der Bemessung des Tagessatzes einer nach § 40 Abs. 2 StGB sind die allgemeinen Lebenshaltungskosten (Lebensmittel, Wohnung, Energie, Kleidung etc.) grundsätzlich nicht vom Nettoeinkommen des Täters abzusetzen, wie das Oberlandesgericht Hamm, 5 RVs 39/22, nochmals betont hat:

Zum anderen sind allgemeine Kosten der Lebenshaltung (Nahrungsmittel, Wohnen, Energie, Kleidung u.ä.) grundsätzlich nicht abziehbar (OLG Celle 1975, 2029; Grube in: LK-StGB, 13. Aufl., § 40 Rdn. 57; Radtke in: MK-StGB, 4. Aufl., Rdn. 100). Wollte man auch solche in Abzug bringen, so würde die Geldstrafe als (spürbare) Strafsanktion entwertet, weil dann bestenfalls noch überdurchschnittliche (oder Luxus-) Konsummöglichkeiten eingeschränkt würden, der Täter aber ansonsten in seiner allgemeinen Lebensführung kaum betroffen wäre. Auch würden Täter mit einem großzügigen Lebenszuschnitt (also mit hohen Ausgaben für Miete, Energie etc.) begünstigt, was dem Grundsatz der Opfergleichheit (vgl. dazu: OLG Karlsruhe MDR 1977, 65) widerspräche. 

Oberlandesgericht Hamm, 5 RVs 39/22

Wie immer gibt es jedoch keine pauschalen Bewertungen. Das OLG betont zugleich, dass es Ausnahmefälle geben muss, in denen z.B. bei Nichtzahlung der Miete Wohnungslosigkeit droht und diese auch nicht durch zumutbare Ratenzahlungen angemessen abgewendet werden kann (§ 42 StGB).

Der ist eine Größe, die im deutschen Strafrecht im Rahmen der verwendet wird. Ein Tagessatz gibt an, wie viel Geld der Verurteilte pro Tag an den Staat zahlen muss, um eine Geldstrafe zu verbüßen.

Die Höhe des Tagessatzes wird vom Gericht im Einzelfall festgesetzt und richtet sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Verurteilten. Dabei werden in der Regel das Einkommen, das Vermögen sowie die familiären und finanziellen Verhältnisse berücksichtigt.

Die Anzahl der Tagessätze ergibt sich aus der Höhe der festgesetzten Geldstrafe geteilt durch die Anzahl der Tagessätze. Die Anzahl der Tagessätze kann aber auch begrenzt werden, z.B. aufgrund der finanziellen Leistungsfähigkeit des Verurteilten.

Allerdings ist dieses gesamte Konzept der Bemessung einer Geldstrafe im deutschen Strafrecht durchaus zu hinterfragen – denn nur jemand mit hohem Einkommen wird die Argumentation der OLG an diesem Punkt einleuchtend finden. Tatsächlich versucht man zwar durch die Bestimmung des Tagessatzes vergleichbare Umstände zu schaffen, aber vollkommen aus dem Blick gerät dabei, dass nicht das jeweilige Einkommen die Umstände ausmacht, sondern die jeweilige Differenz zwischen grundsätzlichen Lebenshaltungskosten und Einkommen.

Mit anderen Worten: 30 Tagessätze treffen einen Geringverdiener auch bei Ratenzahlungen immer noch härter als einen Besserverdiener, der leichter Rücklagen bilden und sich einschränken kann, ohne auf lebensnotwendige Dinge verzichten zu müssen. Ersterer, der ohnehin nicht weiß, woher er sein Geld nehmen soll, muss sich noch mehr einschränken. Oder um es ganz plakativ auszudrücken: Der eine spart am Essen, der andere streicht halt den Dubai-Urlaub. Diese Not kann man aber natürlich nur verstehen, wenn man einen Teil seines an der Armutsgrenze verbracht hat.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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