Sicherungshaftbefehl: Beim OLG Hamburg (2 Ws 72/20) ging es um die Frage, wie lange jemand auf Grund eines Sicherungshaftbefehls in Haft verbleiben kann bis verhandelt wird – was mit dem Bundesverfassungsgericht ohnehin maximal 10 Tage sein sollten.
Dabei macht das OLG Hamburg deutlich – unter sehr genauer Darlegung der grundrechtlichen Umstände – dass man maximal eine Woche warten kann:
Konkret folgt aus diesen Grundsätzen, dass die Haft nach § 230 Absatz 2 StPO nicht ohne Bezug zu einem konkreten und nur innerhalb eines kurzen Zeitraums bevorstehen Hauptverhandlungstermin denkbar ist. Wie der Vorführbefehl dient nämlich auch der Haftbefehl des § 230 Absatz 2 StPO allein dazu, die Präsenz des Angeklagten in der erneuten Hauptverhandlung zu sichern. Daraus folgt, dass er nicht länger, als zur Erreichung dieses Zieles notwendig ist, in Haft gehalten werden darf. Deshalb kann es auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit veranlasst sein, die Vollstreckung eines bereits nach § 230 Absatz 2 StPO erlassenen Haftbefehls erst wenige Tage vor dem neuen Hauptverhandlungstermin zu veranlassen.
Geschieht das nicht, so ist jedenfalls in angemessener Zeit nach Festnahme des Angeklagten die Hauptverhandlung durchzuführen (Senat, Beschluss vom 26. Mai 2010, Az.: 2 Ws 97/10; BVerfG, NJW 2007, 2318; HansOLG, MDR 1987, 78; ThürOLG, OLGSt § 230 StPO Nr. 5; OLG Düsseldorf, StraFo 2012, 105; OLG Frankfurt, StV 2005, 432; Welp, JR 1991, 265, 270; LR/Becker, § 230 Rn. 34; KMR/Eschelbach, § 230 Rn. 46; KK-StPO/Gmel, § 230 Rn 13; MüKo-StPO/Arnoldi, § 230 Rn. 17; SK-StPO/Deiters, § 230 Rn. 22; HK-StPO/Julius, § 230 Rn. 7).
Der zulässige Zeitraum der Inhaftierung nach § 230 StPO darf angesichts des Zwecks der Vorschrift je nach den Umständen des Einzelfalles die Dauer von einer Woche jedenfalls nicht deutlich übersteigen (vgl. BVerfG, NJW 2007, 2318, 2320 [10 Tage: unverhältnismäßig]; OLG Düsseldorf, StraFo 2012, 105 [15 Tage: unverhältnismäßig]; erweiternd LR/Becker, § 230 Rn. 34 [ein bis drei Wochen]).
OLG Hamburg (2 Ws 72/20
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