Wirksamkeit eines Rechtsmittelverzichts

Der (BGH) legt in seinem Beschluss vom 13. November 2024 (Az.: 1 StR 432/24) dar, welche Voraussetzungen für einen wirksamen Verzicht auf Rechtsmittel nach § 302 Abs. 1 Satz 1 erfüllt sein müssen:

1. Eindeutigkeit der Erklärung

  • Ein Rechtsmittelverzicht muss eindeutig, vorbehaltlos und ausdrücklich erklärt werden. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass das Wort „Verzicht“ ausdrücklich benutzt wird, solange der Sinn der Erklärung eindeutig ist.
  • Im vorliegenden Fall erklärte der Angeklagte nach Rechtsmittelbelehrung, dass er das Urteil „annehmen“ wolle. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH wird eine solche Formulierung regelmäßig als Verzicht auf Rechtsmittel verstanden.

2. Protokollierung und Genehmigung

  • Der Verzicht muss im Sitzungsprotokoll festgehalten und von den Verfahrensbeteiligten genehmigt werden. Im Fall wurde der Verzicht gemäß § 273 Abs. 3 Satz 3 StPO vorgelesen und von allen Beteiligten genehmigt.

3. Keine Verhandlung im Sinne des § 257c StPO

  • Ein Rechtsmittelverzicht ist unwirksam, wenn er im Zusammenhang mit einer Verständigung gemäß § 257c StPO erklärt wird. Das Protokoll bestätigte hier jedoch ausdrücklich, dass keine solche Verständigung stattgefunden hatte.

4. Bindungswirkung des Verzichts

  • Ein wirksamer Rechtsmittelverzicht ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei Verfahrensfehlern oder mangelnder Handlungsfähigkeit des Angeklagten, könnte ein Verzicht unwirksam sein.

5. Prüfung der Handlungsfähigkeit des Angeklagten

  • Es darf keine Anhaltspunkte dafür geben, dass der Angeklagte den Bedeutungsgehalt seiner Verzichtserklärung nicht verstanden hat. Der BGH stellte klar, dass im vorliegenden Fall keine solchen Zweifel bestehen. Das Kopfschütteln des Angeklagten, das im Protokoll erwähnt wurde, wurde durch den Hinweis ergänzt, dass dieses Verhalten bereits während der Belehrung auftrat und nicht den Verzicht als solchen in Frage stellt.

6. Widerlegung von Zweifeln des Verteidigers

  • Der Verteidiger argumentierte, der Angeklagte habe die Tragweite seiner Erklärung nicht erfasst. Der BGH wies diese Behauptung zurück, da die anwesenden Berufsrichter und der Staatsanwalt übereinstimmend erklärten, dass der Angeklagte die Rechtsmittelbelehrung verstanden habe.

Fazit

Der BGH bestätigte den Rechtsmittelverzicht als wirksam. Damit unterstreicht er die strengen Anforderungen an die Form und die Umstände eines solchen Verzichts, schützt jedoch gleichzeitig die Bindungswirkung, um die Rechtskraft von Urteilen zu gewährleisten. Aus Sicht der Verteidigung muss man aber auch feststellen, dass der BGH in seiner Rechtsprechung zu Großzügig ist – während die formellen Voraussetzungen der Revision immer höher gelegt werden und auch selbst einfachste Revisionsbegründungen ohne Anwalt gar nicht möglich sind, können andererseits psychisch erkrankte jederzeit eine Revision zurücknehmen. Zufälligerweise eine sehr praktische Konstellation, um den Gerichten Arbeit zu ersparen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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