Werberecht: Auch Pressemitteilungen sind Werbung

Pressemitteilung als Werbung: Das Landgericht Düsseldorf (12 O 329/11) hat sich mit der Übernahme von Pressemitteilungen auf eine – redaktionell gepflegte – Webseite beschäftigt und festgestellt, dass auch die Übernahme solcher Pressemitteilungen – und sei es nur als „Anleser“ – als Werbung angesehen werden kann. Unbeachtlich ist, ob für die Übernahme der Pressemitteilung ein Entgelt gezahlt wurde.

Die Frage ist spätestens dann relevant, wenn man daran denkt, dass Werbung nicht als „getarnte redaktionelle Werbung“ dargeboten werden darf. Das heißt, z.B. in einem Magazin, Wochenblättchen (derartige Blättchen genießen aber gewisse Privilegien, dazu hier) oder redaktionell gestaltetem Webportal muss Werbung eindeutig bezeichnet werden. Wer also Pressemitteilungen als redaktionellen Beitrag übernimmt, die eindeutig als Werbung zu klassifizieren sind, verstößt gegen das Trennungsgebot und kann abgemahnt werden.

Zum Thema auch:


Aus den lesenswerten und verständlichen Ausführungen des Landgerichts:

Veröffentlichungen zum Zwecke des Wettbewerbs müssen ihren werbenden Charakter eindeutig und zweifelsfrei erkennen lassen. Wegen des Grundsatzes der strikten Trennung von Werbung und redaktionellem Text darf in einem redaktionell gestalteten Beitrag über eine gewerbliche Ware oder Leistung nicht einseitig und über das durch eine bloße sachliche Information bedingte Maß hinaus werblich berichtet werden. Die Verletzung des Trennungsgebots führt stets zu wettbewerbsrechtlicher Unzulässigkeit der im Raume stehenden Veröffentlichungen, da der Verkehr einem redaktionellen Beitrag, der von einem nicht am Wettbewerb beteiligten neutralen Dritten verfasst ist, regelmäßig größere Bedeutung und Beachtung beimisst, als entsprechenden eindeutig als Werbung gekennzeichneten oder zweifelsfrei als Werbung erkennbaren Angaben des Werbenden selbst. Um das Trennungsverbot nicht zu verletzen und den Eindruck einer getarnten redaktionellen Werbung zu vermeiden, sind entsprechende Beiträge deutlich und auch für den flüchtigen Verkehr unübersehbar mit dem Zusatz „Anzeige“ zu kennzeichnen, um deutlich zu machen, dass es sich nicht um Werbung und nicht um eine Stellungnahme der Redaktion oder einer anderen wissenschaftlichen Stelle handelt, (OLG München I, WRP 2006, 284, 286). Ein entsprechender Hinweis kann auch durch die Kennzeichnung als „Werbung“ erfolgen.

Ein redaktioneller Beitrag wird auch dann vorgetäuscht, wenn er nicht von der Redaktion verfasst, sondern mehr oder weniger unverändert von einem Dritten übernommen wird (BGH GRUR 1994, 441, 442 – Kosmetikstudio). Getarnte Werbung liegt vor, wenn der – mit dem Ziel der Förderung fremden Wettbewerbs – verfasste Beitrag ein Unternehmen oder seine Erzeugnisse über das für eine sachliche Information bedingte Maß hinaus darstellt (Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage, 2011, § 4 Rn. 3.27).

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist das Verhalten der Antragsgegnerin als wettbewerbswidrig zu bezeichnen. Die angegriffenen Beiträge vermitteln sowohl im Anleser als auch in dem über den Anleser „anklickbaren“ Artikel dem situationsadäquat ausmerksamen Durchschnittsleser den Eindruck eines redaktionellen Beitrages und verschleiern, dass es sich um der Verkaufsförderung dienende Werbung handelt. Soweit die Anleser „Haarpflege, B. Sommerhaar – Glatt & Seidig“, „B. Sommerhaar – Color Protect“, „ICONIC BLOND – der neue D.-Haartrend Frühjahr/Sommer 2011“ und „Haarglätter C. Satin Hair 5 Multistyler“ jeweils auf ein Produkt hinweisen, lässt dies allein nicht schon den unzweideutigen Schluss auf „Werbung“ zu. Diese Anleser unterscheiden sich in der Aufmachung in keiner Weise von den Anlesern „Fitness Training, drei halbseidene Fitness-Wahrheiten“ oder “ Patchwork Familien, wenn der Partner mit Anhang kommt“, weshalb der Eindruck erweckt wird, dass über die streitgegenständlichen Anleser ebenfalls auf eine objektiv neutrale Berichterstattung durch die Autoren des Portals hingewiesen wird. Es wird jeweils ein Stichwort genannt, sodann folgt die Überschrift, sodann folgen einleitende Worte, die Interesse wecken sollen.

Die Beiträge, auf die durch die streitgegenständlichen Anleser hingewiesen wird, enthalten eine übermäßig werbende Herausstellung einzelner Produkte. Wie sich aus den in Anlage Ast. 6 bis 9 wiedergegebenen „Artikeln“ ergibt, weisen diese jeweils nur auf ein bestimmtes Produkt bzw. eine Produktserie hin. Ausweislich der Anlagen Ast. 6, Ast. 7 und Ast. 9 werden die Produkte der Serie am Ende des Artikels aufgelistet und die Preisempfehlungen genannt. In dem jeweiligen Artikel selbst werden die Anwendungsbereiche der genannten Produkte weitschweifig beschrieben. Es besteht jedoch kein Anlass, jeweils die Produkte nur einer bestimmten Firma herauszustellen. Allein hierin besteht eine übermäßig werbende Herausstellung, die den redaktionellen Beitrag nicht rechtfertigen kann. Ein sachlicher Anlass für die alleinige Nennung der jeweiligen Produkte ist weder dargetan, noch ersichtlich. Die Hinweise auf die jeweiligen Produkte übersteigen das durch eine Information bedingte Maß (vgl. Köhler/Bornkamm, aaO., § 4 Rn. 3.27 c).

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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