Eintrag im Führungszeugnis: Strafe unter 90 Tagessätzen kann im Führungszeugnis erscheinen

Eintrag im Führungszeugnis: Es ist ein verbreiteter Irrglaube, im würden Strafen erst bei einem Urteil mit mehr als 90 Tagessätzen bzw. 3 Monaten eingetragen.

Tatsächlich unterscheidet das Gesetz (Bundeszentralregistergesetz) zwischen dem Register auf der einen Seite (§§3ff. BZRG) und der späteren Auskunft aus diesem Register, etwa in Form des bekannten Führungszeugnisses (§§30ff. BZRG). Für Laien gilt die Faustformel: Es kommt faktisch alles an Strafe in das Bundeszentralregister, bis es irgendwann einmal getilgt wird (§§45ff. BZRG). Daher kommen bei Gericht problemlos Urteile zur Sprache, die schon länger her sind und gerne verdrängt sind. Was aber etwa im Führungszeugnis steht, ist eine ganz andere Frage – und im Führungszeugnis sind Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen nicht aufzunehmen (§32 Nr.5a BZRG). Aber es gibt hier eine Ausnahme: Dies gilt nur, „wenn im Register keine weitere Strafe eingetragen ist“ (§32 Nr.5 BZRG, am Ende).

Das OLG Hamm (III-1 VAs 62/12) stellte zum Eintrag im Führungszeugnis klar, dass dies auch so gilt wie es dort steht – es genügt bereits eine weitere Strafe, um die Strafe in das Führungszeugnis aufzunehmen. Dabei ist es auch ohne Bedeutung, ob die weitere Strafe ebenfalls nur eine „kleine“ Strafe war, etwa 10 Tagessätze. Das Gesetz bezweckt nicht, dass nur „grosse“ weitere Strafen diesen Effekt erzielen – das OLG:

„Diese Bestimmung ist nicht etwa einschränkend dahin auszulegen, dass als „weitere Strafe“ nur eine solche in Betracht kommt, die selbst ohne Rücksicht auf weitere Eintragungen, ins Führungszeugnis zu übernehmen ist. Für eine solche einschränkende Auslegung ließe sich zwar die Erwägung anführen, dass eine alleine nicht aufzunehmende Verurteilung auch keine Rechtswirkung dahin ausüben dürfte, dass sie Ursache für die Aufnahme anderer Verurteilungen würde (OLG Hamm, MDR 1981, 783 [OLG Hamm 25.03.1981 – 7 VAs 8/81]). Dieser einschränkenden Auslegung steht jedoch schon der klare Wortlaut des Gesetzes entgegen, nach dem nur dann die Aufnahme einer „kleinen Verurteilung“ ins Führungszeugnis entfällt, wenn im Register keine weitere Strafe eingetragen ist. Danach muss auch eine von nicht mehr als 90 Tagessätzen genügen, um das Vorliegen des Ausnahmetatbetands des § 32 Abs. 2 Nr. 5 Buchst. a) BZRG auszuschließen und zu dem Regelzustand des § 32 Abs. 1 BZRG (grundsätzliche Aufnahme von Eintragungen ins Führungszeugnis) zurückzukehren (OLG Hamm, MDR 1981, 783 [OLG Hamm 25.03.1981 – 7 VAs 8/81]; OLG Hamm, Beschluss vom 05.08.2008 – 1 VAs 64/08 -; Pfeifer, NStZ 2000, 402, 407; Vollkommer, JuS 2007, 536, 537; Götz/Tolzmann, BZRG, 4. Aufl., § 32 Rdnr. 31; Haase, BZRG, § 32 Rdnr. 9).“

Das Ergebnis: Schlicht nur auf die 90 Tagessätze zu achten ist ein Fehler. Eventuelle „Vorstrafen“ sind zu berücksichtigen. Am Rande: Sofern in der Öffentlichkeit mitunter diskutiert wird, dass man mit weniger als 90 Tagessätzen nicht vorbestraft sei, ist dies offenkundig Unsinn – eine erste „kleine“ Geldstrafe wird nicht gelistet, zwei kleine dann aber schon. So kann es sein, dass jemand mit 2×20 Tagessätzen dann zwei Einträge im Führungszeugnis hat, der mit 1×30 Tagessätzen aber nicht – warum der eine sich „nicht vorbestraft“ nennen darf, der andere aber nicht, will sich mir nicht erschliessen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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