Versäumnisurteil erhalten: Wenn Sie durch ein Gericht ein Versäumnisurteil erhalten haben und davon überrascht sind, ist bereits etwas schiefgelaufen. Zwar gibt es Szenarien, in denen man durchaus gezielt ein Versäumnisurteil „kassiert“, wenn es aber ungeplant geschieht, spricht das für ein planloses und damit fehlerhaftes Vorgehen.
Erst einmal bedeutet ein solches Versäumnisurteil: Jemand hat Sie verklagt und weil Sie sich nicht verteidigt bzw. verhandelt haben – etwa weil Sie Fristen nicht eingehalten haben – konnte ein Urteil zu Ihren Lasten ergehen (siehe §330 ZPO), das so genannte „Versäumnisurteil“.
Was ist das Versäumnisurteil?
Ein Versäumnisurteil sichert dem Kläger seine Rechtsposition bzw. verhindert, dass Sie durch reines Ignorieren die eventuellen Rechte des Klägers verzögern. Andererseits ist aber zu sehen, dass Sie gar nicht angehört wurden, somit Ihr Recht auf rechtliches Gehört nicht gewahrt ist. Aus diesem Grund ist das Versäumnisurteil nicht das Ende der Angelegenheit, sondern nur ein vorläufiges Ende – das aber zu einem endgültigen Ende werden kann! Gleichwohl ist das Versäumnisurteil ein jedenfalls vorläufig vollstreckbarer Titel, es kann also die Vollstreckung drohen.
Wie kann man sich gegen ein Versäumnisurteil wehren?
Ihnen steht die Möglichkeit des Einspruchs zur Seite (§338 ZPO), wobei dieser Einspruch aber zwingend innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung des Versäumnisurteils an Sie zu erfolgen hat (§339 ZPO). Wenn Sie diese 2-Wochen-Frist unverschuldet verpasst haben, besteht die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in die Frist, aber auch dies ist wiederum an Fristen gebunden. Sollte die 2 Wochen Frist abgelaufen sein, wird das Urteil dann aber auch rechtskräftig – selbst wenn man sich hätte verteidigen können!
Versäumnisurteil aus taktischen Gründen erhalten?
Dabei ist das Versäumnisurteil nicht einmal zwingend der schlechteste Fall. Es kann durchaus sein, dass Ihre Position so schlecht war, dass nach ohnehin erhobener Klage das Versäumnisurteil letztlich eine gangbare Lösung ist und ein Einspruch nur schadet. Wenn das Versäumnisurteil ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe auskommt reduziert sich etwa die Gerichtsgebühr, ebenso hatten Sie bisher keine eigenen Anwaltskosten und die Kosten des gegnerischen Anwalts sind regelmäßig niedriger, da der gegnerische Rechtsanwalt regelmäßig nur eine halbe Terminsgebühr abrechnen kann (VV3105 RVG – Achtung: Ausnahme insbesondere wenn beide Anwälte anwesend sind oder der Rechtsanwalt doch mit dem Gericht „verhandeln“ muss!).
Anders beim Anerkenntnis: Hier reduziert sich zwar zwingend die gerichtliche Gebühr, im Regelfall erhält der gegnerische Rechtsanwalt aber die volle Terminsgebühr. Welcher Schritt sich dann rein finanziell lohnt muss genau ausgerechnet werden.
Einspruch gegen Versäumnisurteil will vorbereitet sein
Wenn das Versäumnisurteil da ist, scheint der Einspruch schnell eingelegt zu sein – aber Vorsicht: Entsprechend §340 Abs.3 ZPO muss man mit der Einspruchsfrist bereits die Verteidigungs- und Angriffsmittel in prozessual richtiger Weise benennen
In der Einspruchsschrift hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen.
Aus §340 Abs.3 ZPO
Hier Fehler zu machen kann empfindliche Auswirkungen haben. Daher kann nur dringend geraten werden, sich innerhalb der Einspruchsfrist um eine ordentliche Erwiderung zu bemühen und nicht (wie verbreitet) „erst einmal“ Einspruch einzulegen und den dann „irgendwann später“ zu begründen.
Vorsicht vor zweitem Versäumnisurteil
Nach dem ersten Versäumnisurteil bietet sich das zweite Versäumnisurteil nicht mehr als Ausweg an:
Einer Partei, die den Einspruch eingelegt hat, aber in der zur mündlichen Verhandlung bestimmten Sitzung oder in derjenigen Sitzung, auf welche die Verhandlung vertagt ist, nicht erscheint oder nicht zur Hauptsache verhandelt, steht gegen das Versäumnisurteil, durch das der Einspruch verworfen wird, ein weiterer Einspruch nicht zu.
§345 ZPO
Versäumnisurteil erhalten – was tun?
Da andererseits aber nach Ablauf der 2-Wochen-Frist ein abschliessend rechtskräftiges Urteil in Form des Versäumnisurteils droht, kann es hier nur einen Rat geben: Sofort nach Erhalt eines Versäumnisurteils einen Rechtsanwalt aufsuchen, damit dieser die Sache begutachtet und einschätzt, ob ein Einspruch sinnvoll ist. Ein prozessual geübter Rechtsanwalt wird dabei nicht nur Erfolgsaussichten sondern auch Kostenaspekte abwägen und Ihnen mehr Hilfe bieten als laienhafte Überlegungen oder „Internet-Ratschläge“. Eine pauschale Empfehlung jedenfalls, ob man Einspruch gegen ein Versäumnisurteil einlegt oder nicht, verbietet sich, da hier die jeweilige Sach- und Rechtslage ausschlaggebend sein wird.
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