Verbesserung der Eigensicherung des BND nach der Russland-Affäre

Im Jahr 2022 wurde ein schwerwiegender Verratsfall im Bundesnachrichtendienst (BND) bekannt, bei dem ein Mitarbeiter für Russland spionierte. Dieser Vorfall offenbarte erhebliche Schwachstellen in der Eigensicherung des BND, die den Schutz vor interner und der unbefugten Weitergabe von Verschlusssachen betrafen.

Die Sicherheitslücken hatten gezeigt, dass bestehende Maßnahmen zur Überwachung und Kontrolle innerhalb des Dienstes unzureichend waren, um solche Bedrohungen effektiv abzuwehren. Daraufhin forderte das Parlamentarische Kontrollgremium eine umfassende Überprüfung und Verstärkung der Eigensicherung des BND.

Gesetzliche Reaktion: Änderung des BND-Gesetzes

In Reaktion auf den Verratsfall und die Forderungen nach einer besseren Absicherung wurde am 30. August 2023 ein Gesetzentwurf zur Änderung des BND-Gesetzes vorgestellt, der am 1. Januar 2024 in Kraft trat. Der Gesetzgeber zielte darauf ab, den Schutz von Verschlusssachen im BND zu erhöhen und die Gefahr von Informationsabflüssen zu minimieren. Dazu wurden spezifische Kontrollbefugnisse erstmals fest im BND-Gesetz verankert, um die Eigensicherung als prioritäre Aufgabe zu stärken.

Die Änderungen sehen eine Entkopplung der Übermittlungsvorschriften des BND von denen des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) vor. Diese Neuregelung erlaubt es dem BND, eigenständige und normenklar definierte Befugnisse zur Absicherung seiner Operationen und Informationen zu entwickeln, unabhängig von den Regelungen für andere Nachrichtendienste wie dem Bundesamt für Verfassungsschutz.

Neue Maßnahmen zur Eigensicherung

Der Gesetzentwurf bringt eine Vielzahl an neuen Befugnissen und Kontrollmaßnahmen mit sich, die speziell auf die Bedürfnisse des BND zugeschnitten sind:

  1. Kontrollbefugnisse zur Sicherung von Verschlusssachen: Es wurden klare Vorgaben für Tor-, Taschen-, Fahrzeug-, Raum- und IT-Kontrollen geschaffen, die es dem BND erlauben, umfassend und detailliert zu überprüfen, ob Mitarbeitende oder Fremde Verschlusssachen gefährden könnten. Diese Kontrollen sind auch ohne Zustimmung der betroffenen Mitarbeitenden zulässig, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu gewährleisten.
  2. Legenden und Tarnmittel: Der Einsatz von Legenden und Tarnmitteln wurde gestärkt, um die Identität von Mitarbeitenden und die Zusammenarbeit mit Vertragspartnern zu schützen. Dies dient nicht der Informationsbeschaffung, sondern dem Schutz der operativen Integrität des BND.
  3. Abwehr von Drohnen: Die Abwehr von Drohnen wurde als neue Befugnis eingeführt, da diese zunehmend als für die Sicherheit von BND-Liegenschaften erkannt wurden. Drohnen können für Spionagezwecke genutzt werden, indem sie unbemerkt Lichtbilder oder andere sensible Informationen sammeln und übermitteln.
  4. Verdachtsunabhängige und verdachtsabhängige Kontrollen: Neben verdachtsunabhängigen Kontrollen, wie Taschen- und Raumkontrollen, darf der BND nun auch verdachtsabhängige Durchsuchungen von Personen und Räumen durchführen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Gefährdungen vorliegen.
  5. IT-Kontrollen: Neue Regelungen ermöglichen es, private elektronische Geräte von Mitarbeitenden, wie Smartphones oder Laptops, bei konkretem Verdacht auszulesen. Diese Maßnahme dient der Verhinderung des Abflusses von Verschlusssachen über private Kommunikationskanäle.

Auswirkung und Bedeutung

Diese Maßnahmen sollen nicht nur die Sicherheit des BND erhöhen, sondern auch das Problembewusstsein für den Umgang mit sensiblen Informationen schärfen. Die Verschärfung der Eigensicherung ist ein notwendiger Schritt, um die nachrichtendienstliche Aktionsfähigkeit des BND zu gewährleisten und ihn gegen Bedrohungen von innen und außen besser abzusichern.

Das Gesetz zur Änderung des BND-Gesetzes stellt somit einen wichtigen Beitrag zur Anpassung der Sicherheitsarchitektur an aktuelle Bedrohungsszenarien dar. Es zeigt, dass in einer Zeit, in der die Bedrohungen durch Spionage und Cyberangriffe zunehmen, die Sicherheit der eigenen Strukturen und Informationen höchste Priorität haben muss.

Fazit

Die Russland-Affäre im BND hat eindrücklich gezeigt, wie verwundbar selbst gut abgesicherte Nachrichtendienste sein können. Die Reaktion des Gesetzgebers in Form der Gesetzesnovelle zur Eigensicherung des BND ist ein entschlossener Schritt, um solche Vorfälle in Zukunft zu verhindern.

Die neuen Kontroll- und Sicherheitsmaßnahmen sind darauf ausgelegt, die inneren Schutzmechanismen des BND zu stärken und gleichzeitig die Sensibilisierung für Sicherheitsrisiken unter den Mitarbeitenden zu erhöhen. Diese Entwicklungen fügen sich nahtlos in den größeren Kontext der kontinuierlichen Bemühungen zur rechtlichen und organisatorischen Stärkung der deutschen Nachrichtendienste ein.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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