Urheberrecht: Einwilligung zur Erstveröffentlichung durch Dritte

In einem etwas komplexeren Fall aus dem Urheberrecht konnte das Landgericht Köln, 14 O 462/20, entscheiden:

  • Nimmt ein Urheber die Erstveröffentlichung ihres Werks nicht selbst durch eigene Handlung vor, sondern lässt er dies durch einen Dritten durchführen, bedarf es eine konkrete vertragliche Vereinbarung oder eine Einwilligung des Urheber. Eine solche Einwilligung ist grundsätzlich auch konkludent möglich. Eine solche konkludente Einwilligung lässt sich aber nicht daraus folgern, dass der Urheber nach Vorlage eines Ansichtsexemplars durch den Dritten zunächst lediglich Änderungswünsche zu einzelnen Bestandteilen eines Buchs mitteilt.
  • Bei der Annahme von konkludenten Erklärungen im Zusammenhang mit Urheberpersönlichkeitsrechten, insbesondere dem Veröffentlichungsrecht gem. § 12 UrhG, ist wegen der hohen Wertigkeit der Rechte besondere Zurückhaltung geboten. Auch bei der gebotenen objektivierten Betrachtung aus Empfängersicht kann die besondere Bedeutung der Urheberpersönlichkeitsrechte dazu führen, dass faktischem Handeln des Urhebers kein für eine Willenserklärung erforderliches Erklärungsbewusstsein bzw. kein Rechtsbindungswillen zugemessen werden kann.
  • Eine Genehmigungsfiktion nach § 20 Abs. 2 VerlG ist nicht geeignet, eine nicht erfolgte Zustimmung des/der Urhebers/in zur Erstveröffentlichung einer konkreten Version eines Buchs zu ersetzen. Die Genehmingungsfktion des § 20 Abs. 2 VerlG setzt vielmehr voraus, dass die Zustimmung des Urhebers zur Veröffentlichung iSv § 12 UrhG durch einen Dritten vorliegt.

Zur Einwilligung führt im Zusammenspiel mit dem das LG Köln aus:

Im Übrigen ist bei der Annahme von konkludenten Erklärung im Zusammenhang mit Urheberpersönlichkeitsrechten besondere Zurückhaltung geboten. Das Urheberpersönlichkeitsrecht schützt als besonderes die enge Beziehung zwischen dem Urheber und seinem Werk. Das künstlerische Werk bringt das Wesen, die Wahrnehmung und Gefühle sowie die Einsichten seines Schöpfers in einer individuellen Form zum Ausdruck.

Das Urheberpersönlichkeitsrecht schützt den Urheber als Person und dient nicht dem Schutz des Werkes um seiner selbst willen. Es schützt überwiegend die ideellen Interessen des Urhebers am Werk. Es ist grundsätzlich unverzichtbar und unübertragbar (…)

Bei Beachtung dieser besonderen Wertigkeit des Veröffentlichungsrechts der Verfügungsklägerin sind vorliegend auch bei der gebotenen objektivierten Betrachtung aus Empfängersicht keine Hinweise ersichtlich, dass die Verfügungsklägerin bei der vorgelegten Kommunikation über im November 2020 das/den für eine konkludente Willenserklärung notwendige Erklärungsbewusstsein oder Rechtsbindungswillen mit Blick auf die Duldung der Veröffentlichung des Buchs hatte. In diesem Zusammenhang ist auch beachtlich, dass die Verfügungsbeklagte durch die Einhaltung hergebrachter Prozesse beim Vertrieb von Druckwerken, z.B. durch die Anfrage einer ausdrücklichen Druckfreigabe bzw. einer Imprimatur, die vorliegend eingetretenen Unsicherheiten hätte vermeiden können. Gerade weil ein solcher eindeutiger Freigabeprozess zwischen den Parteien hier nicht vereinbart bzw. durchgeführt worden ist, dürfte die Verfügungsklägerin darauf vertrauen, dass ihre Kommunikation mit dem der Verfügungsbeklagten noch nicht final zur Veröffentlichung ihres Buches führen wird.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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