Gerichtliche Handlungspflicht bei unfähigem Pflichtverteidiger?

unfähig – was muss das Gericht tun? Wie geht man als Gericht damit um, wenn ein Pflichtverteidiger einfach zu schlecht arbeitet – muss das Gericht intervenieren? Wenn man nun die Angeklagten fragt, sind (natürlich) alle Pflichtverteidiger unfähig.

Dabei ignorieren die meisten beim Thema Pflichtverteidigung, geprägt von US-Serien/Filmen, dass es in Deutschland – anders als in den USA – gar keine „Berufs-Pflichtverteidiger“ gibt, die mitunter bei einer Behörde beschäftigt sind, sondern es sich bei uns um die üblichen Strafverteidiger handelt, die prozessual ( zu geringeren Gebühren) beigeordnet werden. Dass durch die geringeren Gebühren zusätzliche Tätigkeiten wie eigene Ermittlungen erschwert werden, steht auf einem anderen Blatt.

Es gibt aber in der Tat Fälle, in denen einfach zu viel schief läuft, etwa wenn trotz ausdrücklichem Hinweis in der Revision die unterbliebene Revisionsbegründung nicht zu reparieren versucht wird. Angesichts eines solches Falles stellt sich dann auch die Frage: Wie lange darf ein Gericht zusehen, wenn ein Pflichtverteidiger Mist baut – und wann muss man intervenieren? Der BGH fasst die Frage zusammen.

So muss ein Gericht nicht bei jedem kleinen Fehler eingreifen – wenn es aber „zu viel“ wird, muss das Gericht tätig werden – übrigens auch bei einem Wahlverteidiger:

Versäumnisse eines Pflichtverteidigers können dem Staat allerdings nur ausnahmsweise angelastet werden, da die Führung der Verteidigung Sache des Angeklagten und seines Verteidigers ist, einerlei ob er staatlich bestellt oder vom Mandanten ausgewählt und bezahlt wird.

Für Behörden und Gerichte besteht eine Verpflichtung zum Eingreifen nur, wenn das Versagen eines Pflichtverteidigers offenkundig ist oder wenn sie davon unterrichtet werden (EGMR, Urteil vom 10. Oktober 2002 – 38830/97 – Czekalla/Portugal, NJW 2003, 1229; EGMR, Urteil vom 22. März 2007 – 59519/00 . Staroszczyk/Polen, NJW 2008, 2317).

So ist das Gericht an der Verwerfung eines Rechtsmittels nur gehindert und zum Eingreifen verpflichtet, wenn die eindeutige Missachtung einer reinen Formvorschrift durch den Pflichtverteidiger zur Folge hat, dass dem Betroffenen ein ihm an sich zustehendes Rechtsmittel genommen wird, ohne dass dies von einem höherrangigen Gericht bereinigt wird. Ein derartiges „offenkundiges Versagen“ macht nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte „positive Maßnahme seitens der zuständigen Behörden“ erforderlich, wozu beispielsweise die Aufforderung an die Pflichtverteidigerin gehört, ihren Schriftsatz zu ergänzen oder zu berichtigen (EGMR, Urteil vom 10. Oktober 2002 – 38830/97 . Czekalla/Portugal, NJW 2003, 1229, 1230).

BGH, 4 StR 68/20

Bei einer Häufung außerordentlicher Umstände kann es dabei sein, dass darüber hinaus ein früheres Eingreifen notwendig sein kann, um sicherzustellen, dass der Zugang zum Gericht nicht konventionswidrig eingeschränkt wird. Dies kann der Fall sein, wenn der Angeklagte psychisch erkrankt oder sonst in einer persönlich schwierigen Lage ist, die etwa durch die in einem psychiatrischen Krankenhaus und Postzustellungsprobleme gekennzeichnet ist (so EGMR, 24062/13).

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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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