Der Bundesgerichtshof hat sich im Jahr 2012 zwei mal dem Thema Tankbetrug gewidmet und dabei grundlegende Fragen geklärt. Als erstes stellte der BGH (4 StR 632/11) fest, dass es sich beim Tankbetrug auch wirklich um Betrug und nicht etwa um einen Diebstahl oder Unterschlagung handelt:
War das Bestreben des Täters […] von Anfang an darauf gerichtet, das Benzin an sich zu bringen, ohne den Kaufpreis zu entrichten, so macht er sich grundsätzlich nicht des Diebstahls oder der Unterschlagung, sondern des (versuchten) Betruges schuldig.
Denn: Wer als Kunde auftritt und sich wie ein solcher verhält, bringt mit dem BGH durch schlüssiges Verhalten zum Ausdruck, dass er das Benzin nach dessen Erhalt bezahlen werde. Durch diese Vortäuschung einer nicht vorhandenen Zahlungsbereitschaft wird bei dem Tankstelleninhaber (oder dessen Personal) ein Irrtum erweckt, mit der Folge, dass das Benzin in den Tank gelangt. Dahin stehen kann, ob es durch Personal eingefüllt wird oder selbst eingefüllt wird, also das Einfüllen zugelassen wird. Der BGH erkennt hier im Gesamtbild mehr ein „Geben“ als ein „Nehmen“, was letztlich gegen den Diebstahl spricht. Offen gelassen hat der BGH ausdrücklich, ob an dem eingefüllten Benzin bereits Eigentum erlangt wird, was aber durchaus noch von Relevanz sein kann (siehe unten).
Aber, so der BGH (4 StR 497/12 und 4 StR 632/11): „Ein vollendeter Betrug liegt jedoch nicht vor, wenn der Täter an einer Selbstbedienungstankstelle tankt, ohne vom Tankstelleninhaber oder dessen Mitarbeiter bemerkt zu werden“. Hier wird dann nur auf einen versuchten Betrug zu erkennen sein, mit der Folge, dass die Strafe entsprechend §§23 II, 49 I StGB zu mildern wäre.
Somit steht im Ergebnis beim Tankbetrug wenn, dann eine Betrugsstrafbarkeit im Raum. Entsprechend wird zu verlangen sein, dass bereits beim Tanken ein Vorsatz dahingehend vorhanden war, das Benzin nicht zu bezahlen. Wer irrtümlich ohne zu bezahlen fährt – diese Fälle gibt es, speziell bei Kommunikationsproblemen zwischen Beifahrer und Fahrer – wird nicht erfasst sein. Ebenfalls wird nicht erfasst sein, wer gar nicht vor hatte, nicht zu zahlen, und etwa erst hinterher merkt dass er kein Geld dabei hatte (das ist ähnlich zum Essen im Restaurant ohne zu bezahlen, siehe hier bei uns). Interessant wird es, wenn jemand nicht merkte dass nicht bezahlt wurde, hinterher den Sachverhalt von sich aus bemerkt und dann beschliesst, nicht zur Tankstelle zum Bezahlen zu fahren – es ist hier noch offen, ob eine Unterschlagung in diesem Moment vorliegen könnte. Sofern der Tankende das Eigentum an dem erlangten Benzin begründet hat (was der BGH bewusst offen liess – für einen Eigentumserwerb spricht §948 BGB), wäre m.E. keine Unterschlagung zu erkennen, sonst wohl ja.
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