Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 7. Mai 2025 (5 StR 72/25) noch einmal unterstrichen, was für Strafverteidiger eigentlich selbstverständlich sein sollte: Der Verteidiger ist keine bloße „ausführende Hand“ seines Mandanten, sondern trägt für Rechtsmittel wie die Revision persönlich die Verantwortung.
Im konkreten Fall hatte der Angeklagte versucht, seinen Pflichtverteidiger abzuberufen, weil dieser die Revisionsbegründung nicht nach seinen Vorstellungen abgeändert hatte. Der BGH stellte jedoch klar: Der Verteidiger muss die Revision sachgerecht und nach eigener juristischer Beurteilung führen. Er darf sich dabei nicht blind den Vorstellungen des Mandanten unterwerfen — auch dann nicht, wenn dieser sich eine „eigene“ Begründung wünscht oder Ergänzungen diktieren möchte.
Ein guter Strafverteidiger bleibt stets loyal — aber er bleibt auch unabhängig. Nur so wird Verteidigung effektiv und rechtlich tragfähig. Oder anders – man muss sich als Strafverteidiger nicht zum Affen machen, um dem Mandanten zu gefallen … und der Mandant sollte froh darüber sein, wenn sein Anwalt genau das vermeidet. Denn schlechte Argumente schwächen im Gesamtbild gute Argumente.
Diese Entscheidung führt anschaulich vor Augen, worauf es in der Strafverteidigung ankommt: Eigenständigkeit, Fachlichkeit und Verantwortungsbewusstsein. Nur so kann ein Verteidiger Qualität sichern und im Interesse des Mandanten zielgerichtet und rechtlich fundiert handeln — auch, wenn dies bedeutet, dem Mandanten in juristischen Fragen zu widersprechen, so der BGH dazu:
Dass unter Umständen nicht sämtliche Anregungen des Angeklagten Eingang in die Begründung des Rechtsmittels durch Rechtsanwalt R. gefunden haben, führt nicht zur Pflichtwidrigkeit von dessen Verhalten. Denn nach § 345 Abs. 2 Alt. 1 StPO ist es für die Zulässigkeit einer Revisionsbegründung erforderlich, dass der Verteidiger an ihr gestaltend mitwirkt und für ihren gesamten Inhalt die Verantwortung übernimmt (…). Das schließt aus, dass sich der Verteidiger von dem rechtsunkundigen Angeklagten offensichtlich aussichtslose Rügen vorschreiben lässt oder lediglich auf dessen Wunsch erhebt (…)
Gerade in hochkomplexen Verfahrenssituationen wie der Revision sichert dieses selbstbewusste Rollenverständnis ein faires Verfahren und wahrt die Integrität der Strafverteidigung als eigenständigem Organ der Rechtspflege.
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