Was wie eine Szene aus einem Hollywood-Thriller klingt, ist im Mai in Euskirchen Realität geworden: Alle Drucker einer alteingesessenen Serviettenfabrik spucken plötzlich Erpresserbriefe aus. So schildert es der Kölner Stadt-Anzeiger — und er berichtet weiter, dass die Firma Fasana, die über ein Jahrhundert lang Servietten produziert hat, inzwischen Insolvenz anmelden musste.
Der Ablauf zeigt exemplarisch, wie verletzlich selbst robuste Produktionsbetriebe sind, wenn IT-Sicherheit versagt – und warum das stets haftende Management die Cybersicherheit auf dem Schirm haben muss: Nach dem Angriff war kein Laptop mehr nutzbar, sämtliche Rechensysteme waren stillgelegt, Aufträge im Wert von mehreren Hunderttausend Euro blieben unerledigt. Laut WDR rechnet das Unternehmen mit einem finanziellen Schaden in Millionenhöhe.
Ransomware trifft Mittelstand
Die Täter, so berichtet der WDR, seien der Polizei bereits bekannt und haben eine Ransomware eingeschleust — eine Art digitale Geiselnehmer-Software, die Daten verschlüsselt und Lösegeld verlangt. Der Angriff traf Fasana in einer Umbruchsituation: Erst im März war der Betrieb von der Powerparc AG übernommen worden, um neue Impulse zu setzen. Doch kaum konnte man mit frischem Wind durchstarten, stoppte der Angriff jegliche Abläufe.
Die IT-Abteilung reagierte zwar rasch: Über 190 Rechner wurden eingesammelt, neu aufgesetzt und digitale Notfallumgebungen eingerichtet. Trotzdem dauerte es Wochen, bis auch nur ein Bruchteil der Systeme wieder stabil lief. Manche Abteilungen arbeiteten notdürftig mit handgeschriebenen Zetteln an Türen — eine fast surreale Parallele zur Vor-Computerzeit.
Zum Thema Hacking bei uns:
- Hackangriff bzw. Cyberangriff – Was tun?
- Datenleck: Herausforderungen für Unternehmen
- IT-Sicherheit im Arbeitsrecht
- Wie schütze ich mich vor einem Hackangriff?
- Was ist ein sicheres Passwort?
- Phishing-Seiten-Installation am Beispiel ZPhisher
- Bin ich von einem Hackangriff betroffen?
- Online-Betrug & Fake-Shops: Was tun?
- Glossar zum Cybercrime mit klassischen Angriffsszenarien
- Strafbarkeit der Suche nach Sicherheitslücken
- Unser Hacker-Guide: Russland, Iran, Nordkorea und China
- Unser Ransomware-Guide:
Rettungsversuch in der Insolvenz
Der eingesetzte Insolvenzverwalter sagte dem Kölner Stadt-Anzeiger, dass selbst banale Vorgänge wie das Drucken eines Lieferscheins unmöglich waren — das Werk war im Grunde „praktisch tot“. Für die rund 240 Beschäftigten bedeutet das nicht nur Ungewissheit um ihren Arbeitsplatz: Auch Löhne konnten zunächst nicht pünktlich gezahlt werden.
Aktuell wird fieberhaft nach einem Käufer gesucht, der Betrieb läuft zumindest teilweise wieder an. Erste Auslieferungen seien laut WDR erfolgt, auch das Schreiben von Rechnungen funktioniert wieder. Die Zeit drängt jedoch: Acht Wochen bleiben, um die traditionsreiche Produktion zu retten — ob das gelingt, ist offen.
Ein mahnendes Beispiel
Fasana ist kein Einzelfall. Wie Golem.de zusammenfasst, reiht sich der Fall ein in eine Reihe jüngster Insolvenzen nach Cyberangriffen auf mittelständische Betriebe in Deutschland. Die betroffenen Unternehmen berichten dabei meist dieselbe bittere Erkenntnis: Selbst mit einem gut gemeinten Notfallplan lassen sich manche Attacken nicht rechtzeitig abwehren — und oft bleibt dann nur noch der Gang zum Insolvenzgericht.
Für das Betriebsmanagement sollte dieser Fall Anlass sein, die eigene IT-Sicherheitsstrategie kritisch zu prüfen: Sind Backups offline gesichert? Gibt es Übungen für den Ernstfall? Wie schnell kann man ausweichen, wenn die Hauptsysteme blockiert sind? Wer auf diese Fragen nur vage Antworten hat, setzt seine wirtschaftliche Existenz aufs Spiel. Ja, Cybersicherheit kostet (gutes) Geld – die Insolvenz ist aber teurer und kann vor allem die eigene Haftung dann berühren.
- “Duzen” ist keine Beleidigung - 16. Juli 2025
- Bedrohungslage von kommerziellen Satelliten - 15. Juli 2025
- Influencer im Visier der Steuerfahndung - 15. Juli 2025