Keine zusätzlichen Kosten für Rechnung in Papierform in AGB?

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (1 U 26/13) hatte sich bereits in einer viel beachteten Entscheidung mit der Frage beschäftigt, ob für Rechnungen in Papierform, die im übrigen als PDF zur Verfügung gestellt werden, ein Entgelt verlangt werden darf. Das Oberlandesgericht kam zu dem Ergebnis, dass ein solches Entgelt nicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern vorgesehen werden darf.

Nach eingelegtem Rechtsmittel hat sich dann der (III ZR 32/14) zum Thema äussern dürfen und die Rechtslage bestätigend geklärt: Zusatzkosten für eine Papierrechnung sind möglich, aber nur unter Umständen. Aus meiner Sicht kommt es nämlich darauf an, ob überhaupt die Pflicht zur Rechnungsstellung besteht.

Die Entscheidungen

Entscheidung des OLG Frankfurt

Im Grundgedanken ist die Entscheidung durchaus korrekt: erst einmal ist festzuhalten, dass Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ein einseitiges Interesse des Verwenders oder gar eine gesetzliche Pflicht des Verwenders auf den Kunden abwälzen grundsätzlich unwirksam sind. Wenn dann also für eine Rechnung in Papierform ein gesondertes Entgelt verlangt wird, ist zu fragen, ob es sich hierbei um ein ausschließliches Interesse des Verwenders handelt oder hier gar eine Pflicht – also eine Pflicht hinsichtlich einer Rechnung in Papierform – besteht. Zu einer eventuell bestehenden gesetzlichen Pflicht äußert sich das Gericht aber gerade nicht. Vielmehr hat es recht umfänglich herausgearbeitet, dass das Versenden einer Papierrechnung vor allem im Interesse des Verwenders dient. Das Gericht führt hierzu aus:

„Wie das Landgericht zunächst zutreffend ausgeführt hat, erreicht die Beklagte mit einer Abrechnung die Fälligkeit ihrer Forderung. Zur Fälligstellung besteht aber keine Verpflichtung. Wenn die Beklagte somit eine Abrechnung erteilt, tut sie dies in ihrem eigenen Interesse. Dabei kann sie die Rechnung auch online erstellen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 – III ZR 299/08, Rz 8 – juris). Aber auch dann, wenn sie zusätzlich eine Rechnung auf Wunsch ihres Vertragspartners in Papierform erteilt, erfolgt dies in ihrem Interesse. Sie würde nämlich gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstoßen, wenn sie ausschließlich Online-Rechnungen vorsehen würde. Denn der Senat folgt der Einschätzung des Bundesgerichtshofs (a.a.O. Rz 21), dass derzeit der „elektronische Rechtsverkehr” noch nicht als allgemein üblich angesehen werden kann. Deswegen kann die Beklagte auch nicht geltend machen, soweit sie den Postversand auch ganz einstellen könne, könne sie diesen erst recht gegen Erhebung einer zusätzlichen geringen Gebühr anbieten (Seite 6 der Berufungserwiderung). Das Landgericht führt selbst aus, dass die Beklagte durch ihr Angebot nur der von dem Bundesgerichtshof bejahten Verpflichtung nachkomme, nicht ausschließlich online-Rechnungsstellung vorzusehen. Dann kann aber eine echte Sonderleistung der Beklagten nicht angenommen werden.“

Diese Argumentation ist zwar vertretbar, aber nicht zwingend. Darüber hinaus ist zu sehen, dass das Gericht hier zwar ein Interesse des Verwenders erkennend, aber die Interessen der Verbraucher an einer elektronischen Rechnungslegung außen vor lässt. Dass es solche Interessen gibt, hat der BGH früher schon klargestellt. Auch wenn hier keine Interessenabwägung vorzunehmen ist, so kann bei ausreichend starkem Interesse der Verbraucher jedenfalls dann nicht mehr die Rede davon sein, dass hier ein ausschliessliches Interesse des Verwenders abgewälzt wird. Bereits an diesem Punkt überzeugt die Entscheidung daher nicht. Auch lässt die Entscheidung daher in weiterer Konsequenz außer acht, dass es sogar ein überwiegendes Interesse von Verbrauchern an einer elektronischen Rechnungslegung geben kann. Dadurch, dass dies Unternehmen quasi unmöglich gemacht wird, wird letztendlich sogar gegen das Interesse der Verbraucher gehandelt. Dies bedarf weiterer Ausführungen.

Entscheidung des BGH

In der später erfolgten Entscheidung stellte der BGH (III ZR 32/14) ohne Erläuterung klar, dass die Erteilung einer Rechnung für einen Mobilfunkanbieter eine Pflicht darstellt, wobei eine Berechnung von Kosten für eine Papierrechnung nur in Betracht käme, wenn dies für Kunden gilt, die online Verträge geschlossen haben. Dies ist wenig überraschend, aber eben dem Sonderfall geschuldet, dass es hier um Verträge nach dem TKG geht: Im TKG oder auch in der StromGVV ist eindeutig geregelt, dass ein Anspruch auf eine Rechnung (mit bestimmen Inhalten) besteht. Wenn der Anbieter dann Geld für die Rechnungslegung erfolgt, ist dies mit dem BGH zu Recht ein Abwälzen von Kosten auf den Kunden, zu denen der Anbieter selber verpflichtet ist. Bei nur online angebotenem Vertragsschluss mag dies etwas anderes sein, dies stand hier aber nicht zur Diskussion. Damit war die Sache beim BGH dann auch schnell durch.

Gibt es die Pflicht zur schriftlichen Rechnung gegenüber Verbrauchern?

Pflicht zur Rechnungslegung

Im ersten Schritt ist immer zu prüfen, ob es überhaupt eine Pflicht gibt, eine Rechnung auszustellen. Tatsächlich gibt es in manchen Bereichen, speziell wenn man an Telekommunikationsverträge, Stromlieferung oder Gaslieferungen denkt, gesetzliche Vorgaben dahin, dass eine Rechnung mit bestimmten Inhalten formuliert werden muss. Hier besteht dann ein Anspruch auf die Rechnung und mit dem BGH sind Kosten für eine Papierrechnung nicht abzuwälzen.

Rechnungszwang existiert gegenüber Verbrauchern nicht

Ansonsten aber ist dem deutschen Recht bei einem Verbraucher als Vertragskunden der Gedanke vollkommen fremd, dass diesem grundsätzlich eine Rechnung ausgestellt werden muss. An dieser Stelle wird häufig auf den Paragraphen 14 Umsatzsteuergesetz verwiesen, der aber eben nicht pauschal die Pflicht einer Rechnung gegenüber Verbrauchern vorsieht (wohl aber gegenüber Unternehmern). Vielmehr gibt es hier zwei Alternativen, wobei im Rahmen einer Werklieferung oder im Zusammenhang mit Arbeiten an einem Grundstück die Pflicht zur Rechnungserstellung vorgesehen ist. Bei allen übrigen Leistungen gibt es zwar eine Pflicht zur Erstellung einer Rechnung, dies aber nur gegenüber Unternehmern. Diese Lesart hat der Bundesgerichtshof inzwischen ausdrücklich bestätigt, so dass sich hier bei Verbrauchern im Alltag wenig Spielraum für Diskussionen ergibt.

Anspruch auf Erteilung einer Quittung

Es verbleibt damit bei dem allgemeinen Rechtsgedanken des §368 des Bürgerlichen Gesetzbuches, der alleine einen Anspruch auf eine Quittung vorsieht. Inhaltliche Definitionen, was sich in dieser Quittung genau befinden muss, gibt es im Gesetz nicht. Allgemein anerkannt ist, dass die Quittung eine Aussage darüber verlieren muss, was genau geleistet wurde und auf welche Forderung hin dies geleistet wurde. Ziel ist die Beweissicherung für den Fall, dass einmal über eine offene Forderungen gestritten wird. Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass sich ein Anspruch eines Verbrauchers auf eine Rechnung nur in Ausnahmefällen begründen lässt. Wenn, dann ist ihm eine Quittung hinsichtlich gewährter Leistungen zu erteilen, wobei die Kosten für diese Quittung allerdings grundsätzlich erst einmal der Schuldner trägt, sie dazu § 369 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Dabei hat der Schuldner gerade die Kosten zu erstatten, die durch die Versendung einer solchen Quittung entstehen.

Meinung des Bundesgerichtshofs zu Rechnungsstellung

Diese Sichtweise entspricht wohl auch der Auffassung des Bundesgerichtshofes, der bereits klar gestellt hat, dass es die Notwendigkeit einer Rechnung nicht gibt:

„Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die formularmäßige Erklärung, wonach der Kunde den Erhalt lediglich einer Online-Rechnung, die im Internet-Portal der Beklagten bereit gestellt wird, dort eingesehen, als PDF-Dokument herunter geladen und auch ausgedruckt werden kann, akzeptiert und der Versand einer Rechnung per Briefpost unterbleibt, keine Verkürzung der Rechtsstellung der Kunden und damit keine unangemesse- ne Benachteiligung (…) darstellt. Jedenfalls im Bereich der Anspruchsberechtigung des Klägers (vgl. § 3 Abs. 2 UKlaG) ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision aus keiner gesetzlichen Regelung (…) dass eine Rechnung in einer bestimmten Form, insbesondere in Schriftform, zu erstellen und mit Briefpost, Fax oder auch nur mittels einer E-Mail zu übermitteln ist.“ – BGH, III ZR 299/08

Fazit

Im Gesamtbild ist damit durchaus schwer zu erkennen, warum eine Versendung von Rechnungen, die ja gesetzlich gerade nicht vorgesehen sind, letztlich nicht mit einer angemessenen Gebühr berechnet werden dürften. Die Ausführung des Gerichts dazu, warum eine solche Versendung von schriftlichen Rechnungen alleine im Interesse des Unternehmens sind, sind dann auch nicht überzeugend: wenn das Gesetz selber schon nicht vorsieht, dass überhaupt schriftliche Rechnungen zu erstellen sind und der Unternehmer seinem Interesse der Fälligkeit auch durch elektronische Rechnungen genügen kann, handelt es sich letztlich doch um eine echte Zusatzleistung auf Wunsch des Kunden die durchaus gesondert zu vergüten ist. Dies jedenfalls dann, wenn es sich um eine Dienstleistungen handelt, in deren Rahmen ohnehin dem Kunden ein online Zugang gewährt wird, über den dieser etwa ein eigenes Kundenkonto pflegt. Bei vielen rein online abgelaufenen Dienstleistungen wäre insoweit die Argumentation des Gerichtes daher nicht nachzuvollziehen. (Allerdings hat das OLG offen gelassen, ob es bei einem Verwender, der nur online Verträge abschliesst, zu einem anderen Ergebnis kommen würde!)

Ausstellung von Rechnungen gegenüber Unternehmern?

Der Bundesgerichtshof konnte sich in den letzten Jahrzehnten zwar nicht allzu oft, aber immerhin doch einige Male mit der Frage der Rechnungsstellung beschäftigen. Dabei hat der Bundesgerichtshof schon sehr früh klargestellt, dass sich aus den Regelungen des Umsatzsteuergesetzes ein unmittelbarer Anspruch auf Erstellung einer Rechnung ergeben kann. Es handelt sich hierbei also tatsächlich um eine originäre Anspruchsgrundlage die auch gerichtlich durchgesetzt werden kann. Gleichwohl sah sich der Bundesgerichtshof auch schon mehrfach bemüht, darauf hinzuweisen, dass dies regelmäßig nur dann Anwendung finden wird, wenn es um Unternehmer geht, da das Gesetz hier einen sehr engen Anwendungsraum vorsieht.

Elektronische Rechnung gegenüber dem Unternehmer

Im Verhältnis zu Unternehmern wird man damit daher regelmäßig feststellen können, dass es bereits eine Pflicht zur Rechnungslegung gibt, wobei das Umsatzsteuergesetz ausdrücklich festhält, dass diese Rechnungen erst einmal schriftlich auszustellen sind und nur bei ausdrücklicher Zustimmung auch elektronisch zu erteilen sind. Die Frage, ob eine solche Zustimmung durch allgemeine Geschäftsbedingungen problemlos im kaufmännischen Verkehr eingeholt werden kann ist derzeit noch nicht durch den Bundesgerichtshof geklärt. Jedenfalls dann, wenn dafür Sorge getragen ist, dass die wie auch immer erteilte Rechnung vom Finanzamt akzeptiert wird ist nicht zu erkennen, warum hier dann noch eine unangemessene Benachteiligung vorliegen sollte.

Ansprüche auf Abrechnung

Festzuhalten ist, dass jedenfalls am Ende niemand schutzlos ist. Ein Verbraucher wird grundsätzlich immer dadurch abgesichert, dass er zumindest einen einklagbaren Anspruch auf Erteilung einer Quittung hat. Sollte der Vertragspartner das Ausstellen einer solchen Quittung verweigern bestünde wohl ein Zurückbehaltungsrecht, so dass man problemlos mit der eigenen Leistung warten könnte, bis – Zug um Zug – eine Quittung ausgestellt wird. Darüber hinaus gibt es in zahlreichen Verträgen eine gesetzlich vorgesehene Pflicht der Rechnungslegung, auch wenn hier keine detaillierten Vorgaben hinsichtlich des Inhalts gemacht werden. In besonders sensiblen Bereichen des Verbraucherrechts, etwa wenn es um die Stromlieferungen oder Telekommunikationsverträge geht, ist dann durch spezielle Regelungen eine besondere Form der Abrechnung vorgegeben. Unternehmen dagegen, die ja nun einmal grundsätzlich ein Interesse an Rechnungen haben, werden mit Blick auf die eigene Buchführung im Umsatzsteuergesetz einen vom Bundesgerichtshof anerkannten Anspruch auf Erstellung von Rechnungen finden.

AG Kassel: Kosten nur bei reiner Online-Dienstleistung

Das AG Kassel (435 C 4822/14) geht den Weg, entsprechende AGB bei nicht rein digital gebotenen Dienstleistungen als unwirksam einzustufen

Die Kosten für die Übersendung einer Rechnung in Papierform können nicht verlangt werden, wenn – wie hier – der Vertrieb der Dienstleistung nicht ausschließlich über elektronische Medien erfolgt. Dann sind entsprechende AGB-Klauseln wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (BGH MDR 2014, 1375).

Fazit

Die Entscheidung des Gerichts überzeugt nur sehr bedingt. Wo für Verbraucher schon kein Anspruch auf die Erstellung einer Rechnung besteht und das Gesetz dann für den vorhandenen Anspruch einer Quittung auch noch die Kostentragungspflicht des Verbrauchers vorsieht, ist nur schwer nachvollziehbar, warum bei ausdrücklichem Wunsch nach einer schriftlichen Rechnung keine gesonderte Vergütung zu erbringen sein soll. Von einer Übervorteilung der Verbraucher kann hier schon keine Rede mehr sein. Vielmehr bieten sich hier entsprechende Anhaltspunkte wenn, dann nur bei ganz bestimmten Dienstleistungen, bei denen ausnahmsweise eine schriftliche Rechnung noch von dem Verbraucher zu erwarten wäre.

So sehr die Entscheidung an diesem Punkt auch nicht zu überzeugen vermag, muss man sich dennoch damit auseinandersetzen, dass sich immerhin um eine Entscheidung eines Oberlandesgerichtes handelt. Die Gefahr von Abmahnungen ist daher ernstzunehmen. Nach hiesiger Auffassung allerdings bedeutet das nicht, dass man nunmehr als Anbieter von reinen online Dienstleistungen wieder umfänglich schriftliche Rechnungen anbieten muss. Vielmehr ist dann eine differenzierte Klausel zu denken, die das Recht des Verbrauchers auf einer Quittung hinreichend berücksichtigt und im übrigen dann eine weitergehende Abrechnung zusätzlicher Dienstleistungen ermöglicht. Es weiteren bleibt abzuwarten, wie sich dieses Thema die Entscheidung selbst jedenfalls ist nicht rechtskräftig geworden und ist derzeit beim Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen III ZR 32/10 anhängig.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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