Gesellschafter-Geschäftsführer als abhängig Beschäftigte

Gesellschafter- sind abhängig Beschäftigte: Das Bundessozialgericht (B 12 R 4/20 R) stellt klar, dass eine Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung von Rechtsanwälten als Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen ist, weil ein Rechtsanwalt ein unabhängiges Organ der Rechtspflege ist, dessen Unabhängigkeit bei der Ausübung des Rechtsanwaltsberufs gewährleistet sein muss.

Die Entscheidung geht aber weit darüber hinaus und wird erhebliche Auswirkungen auf Gesellschafter haben, die zugleich Geschäftsführer sind: Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind die Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach ständiger Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die vom Senat hierzu entwickelten Abgrenzungskriterien gelten grundsätzlich auch für Geschäftsführer einer .

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Bei dem Geschäftsführer einer GmbH kommt es für die Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, allerdings in erster Linie darauf an, ob er aufgrund der ihm nach dem Gesellschaftsvertrag zustehenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder auf Entscheidungen, die sein Anstellungsverhältnis betreffen, Einfluss nehmen kann. Dies führt das BSG im Einzelnen aus:

Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft das wesentliche Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig beschäftigt angesehen zu werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können.

Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der zumindest 50 vH der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt, ist grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn ihm nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende („echte“ oder „qualifizierte“), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist.

Der selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss in der Lage sein, einen maßgeblichen Einfluss auf alle Gesellschafterbeschlüsse auszuüben und dadurch die Ausrichtung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens umfassend mitbestimmen zu können. Ohne diese Mitbestimmungsmöglichkeit ist der Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer nicht im „eigenen“ Unternehmen tätig, sondern in weisungsgebundener, funktionsgerecht dienender Weise in die GmbH als seine Arbeitgeberin eingegliedert. Deshalb ist eine „unechte“, nur auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln (stRspr; vgl zuletzt BSG Urteil vom 1.2.2022 – B 12 KR 37/19 R – juris RdNr 13 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

Daraus ergibt sich, dass jeder Geschäftsführer, der nicht die Hälfte der Anteile hält oder aus anderen, eng begrenzten Gründen faktische Macht über das Unternehmen hat, scheinselbständig ist, wenn er nicht als Arbeitnehmer gemeldet ist. Damit drohen erhebliche Nachzahlungen und sogar Straftatbestände, auch wenn – wie so oft – bei früheren Betriebsprüfungen keine Beanstandungen erfolgt sind.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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