Europäischer Haftbefehl: Keine Überstellung nach Rumänien zum Zwecke der Strafvollstreckung

Das (2 BvR 1845/18, 2 BvR 2100/18) hat klargestellt, dass die vorher von Fachgerichten für zulässig erachtete Überstellung nach Rumänien zum Zwecke der Strafverfolgung beziehungsweise der Strafvollstreckung die hier Betroffenen in ihrem Grundrecht aus Art. 4 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) verletzt, denn:

Die Fachgerichte haben die Bedeutung und Tragweite des hier maßgeblichen Unionsgrundrechts aus Art. 4 GRCh verkannt und die damit verbundenen Aufklärungspflichten nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Sie haben nicht hinreichend genau geprüft und aufgeklärt, ob eine konkrete Gefahr besteht, dass die Beschwerdeführer nach der Überstellung in Rumänien unmenschlichen oder erniedrigenden Haftbedingungen ausgesetzt sind.

Insoweit fasst das Bundesverfassungsgericht die bisherige Rechtsprechung zur menschenwürdigen Haft zusammen:

Das mit einem Überstellungsersuchen befasste Gericht muss in einem durch einen Europäischen eingeleiteten Überstellungsverfahren nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union prüfen, ob für den zu Überstellenden eine konkrete Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden. Dies ist durch das zuständige Fachgericht in zwei Prüfungsschritten von Amts wegen aufzuklären.

Im ersten, die allgemeine Haftsituation betreffenden Schritt ist das Gericht verpflichtet, anhand objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben zu prüfen, ob es in Bezug auf die Haftbedingungen in den Haftanstalten des Ausstellungsmitgliedstaats systemische oder allgemeine Mängel gibt.

In einem zweiten, auf die Situation des Betroffenen bezogenen Schritt muss das Gericht genau prüfen, ob es unter den konkreten Umständen ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme gibt, dass die gesuchte Person nach ihrer Überstellung an den Ausstellungsmitgliedstaat aufgrund der Haftbedingungen, unter denen sie inhaftiert sein wird, einer echten Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt sein wird. Dies erfordert eine aktuelle und eingehende Prüfung der Situation und muss auf einer Gesamtwürdigung der maßgeblichen, konkret zu erwartenden Haftbedingungen beruhen.

Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung der Haftbedingungen ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bei Gemeinschaftszellen hinsichtlich des einem Inhaftierten zur Verfügung stehenden Raums zu unterscheiden, ob dieser unter 3 m², zwischen 3 m² und 4 m² oder über 4 m² liegt.

Liegt der persönliche Raum in einer Gemeinschaftszelle unter 3 m², begründet dies eine starke Vermutung für einen Verstoß gegen Art. 4 GRCh beziehungsweise Art. 3 EMRK.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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