Einziehung von Wertersatz beim Drittbeteiligten

gegen Drittbeteiligte: Es besteht mit dem reformierten Recht der Einziehung ein erhebliches Risiko bei Vermögensverschiebungen, selbst wenn es nicht um Tatbeute geht. Diesen Aspekt unterschätzen immer noch viele Betroffene und gerade Rechtsanwälte, die nicht im Schwerpunkt Strafverteidiger sind, sind an dieser Stelle schnell „kalt erwischt“. Ein Fall des OLG Düsseldorf demonstriert wie weit das gehen kann.

Es ging um einen Anteil an einer gemeinsamen und auch selbst genutzten Immobilie, die der Ehemann (Angeklagter) seiner Ehefrau nach der Tat überschrieben hatte. Da die Immobilie noch teilweise belastet war, überschrieb er einen bestehenden Bausparvertrag gleich mit. Weder Anteil an der Immobilie noch Bausparvertrag hatten irgendetwas mit der Tat zu tun – gleichwohl konnte bei der Ehefrau hinterher der entsprechende Anteil eingezogen werden. Die Rechtsgrundlage: Der gerne übersehene § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a, Abs. 2 StGB.

Eben jener § 73b Abs. 2 StGB soll nämlich einer Vereitelung der Wertersatzeinziehung gemäß § 73c StGB beim Täter vorbeugen und unterstellt zu diesem Zweck ausdrücklich auch die Übertragung „nicht inkriminierten“ Vermögens einer Abschöpfung zu Lasten des Erwerbers, sofern sie unter den Voraussetzungen des§ 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB erfolgt („Verschiebungsfall“). Einen zusätzlichen „Bereicherungszusammenhang“, wie er nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum früheren § 73 Abs. 3 StGB a. F. erforderlich war, braucht man heute nicht mehr:

Mit der Neufassung der Vorschrift über die bei Drittbegünstigten (§ 73b StGB) hat sich der Gesetzgeber von der bisherigen Regelung des § 73 Abs. 3 StGB a. F. vollständig gelöst, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verschiebungsfall ausdrücklich im Gesetz normiert (§ 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB) und hierbei die Verschiebung sowohl der Taterträge (Absatz 1 der Vorschrift) als auch des Wertersatzes (Absatz 2 der Vorschrift) durch eine entsprechende Einziehungsmöglichkeit beim Dritten sanktioniert, um zu verhindern, dass der Täter die ihm selbst drohenden Einziehungsmaßnahmen nach § 73 Abs. 1 oder § 73c StGB durch Vermögensübertragungen vereiteln kann. Das Erfordernis einer Zugehörigkeit des verschobenen Gegenstandes zu dem durch die Tat unmittelbar begünstigten Vermögen des Täters lässt sich für den Fall des § 73b Abs. 2 StGB aus dem Wortlaut der Norm („einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht“) nicht herleiten und wäre auch mit deren Sinn und Zweck nicht zu vereinbaren. Denn das staatliche Sicherungsinteresse umfasst ohne Weiteres auch die Fallgestaltungen, in denen der Täter die Tatbeute verbraucht, verloren oder unauffindbar beiseite geschafft hat und nunmehr bemüht ist, vor der ihm deshalb drohenden Wertersatzeinziehung (vgl. hierzu Fischer, aaO, § 73c Rdn. 7) auch sein sonstiges Vermögen durch Übertragung auf Dritte zu sichern.

Zwar mag bei einer entgeltlichen Veräußerung „nicht inkriminierten“ Vermögens die Annahme eines „Verschiebungsfalles“ allein aufgrund der Bösgläubigkeit des Erwerbers nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b StGB ausscheiden, weil der übertragene Gegenstand als solcher gerade nicht „aus einer rechtswidrigen Tat herrührt“. Dies ist jedoch kein Beleg dafür, dass der Gesetzgeber die hier zur Rede stehenden Fallgestaltungen einer Einziehungsanordnung zum Nachteil des Erwerbers insgesamt entziehen wollte oder insoweit jedenfalls keinen Regelungswillen hatte (aA OLG Celle StraFo 2018, 206, 210). Sofern nämlich die Übertragung unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund erfolgte (§ 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a StGB), ist der Erwerber sonstiger Vermögensbestandteile ebenso wenig schutzwürdig wie im Falle einer Verschiebung von Taterträgen.

Oberlandesgericht Düsseldorf, III-1 Ws 233-237/19

Man muss es leider immer wieder und immer deutlicher sagen: Das Strafrecht ist nichts für „Gelegenheit-Verteidiger“ und Laien, die glauben schlauer als die Staatsanwaltschaft zu sein, um dann herum zu stümpern. Insbesondere seit der Reform der Einziehung ist Strafverteidigung ein ganzheitlicher Prozess, der insgesamt angegangen werden muss. Hier hat man insbesondere mit der unüberlegten Aktion zum ungünstigen Zeitpunkt (das Gericht wertete insbesondere den Zeitpunkt der Übertragung, nach der , als Indiz für einen Verschiebungsfall) die Sache sowohl für Angeklagten als auch Ehefrau schlimmer gemacht. Es hätte deutlich intelligentere und zudem auch noch legale und legitime Wege gegeben, wie man zumindest etwas mehr Sicherheit für die Ehefrau schafft.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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