BGH zur Vorteilsnahme

Eine neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, 5 StR 447/22) befasst sich mit der und den damit verbundenen strafrechtlichen Aspekten im Zusammenhang mit einem Konzert im Hamburger Stadtpark. Die Angeklagten, darunter leitende Angestellte eines Bezirksamts und Verantwortliche einer Konzertveranstalterfirma, wurden teilweise wegen Vorteilsnahme, und verurteilt, während in anderen Punkten Freisprüche erfolgten. Die Urteilsaufhebung durch den BGH erfolgte aufgrund von Mängeln in der Beweiswürdigung und unzureichender Feststellungen zu den entscheidenden Tatbestandsmerkmalen.

Sachverhalt

Das Konzert, organisiert von der Einziehungsbeteiligten, fand am 9. September 2017 statt. Die Angeklagten, darunter leitende Angestellte des Bezirksamts Hamburg-Nord, verhandelten über die Konditionen zur Nutzung des Stadtparks. Ein zentraler Punkt der Verhandlungen war das Nutzungsentgelt. Zusätzlich forderte der Angeklagte R. in einem Vier-Augen-Gespräch mit dem Projektleiter des Konzerts Freikarten für das Bezirksamt, obwohl ihm als Amtsträger bewusst war, dass er solche Vorteile nicht annehmen durfte.

Rechtliche Analyse

1. Vorteilsannahme (§ 331 StGB)

Der BGH bemängelte, dass das Landgericht Hamburg nicht hinreichend festgestellt hatte, ob zwischen den gewährten Vorteilen und den Diensthandlungen der Amtsträger ein unmittelbares Gegenseitigkeitsverhältnis bestand. Für die Erfüllung des Tatbestands der Vorteilsannahme ist eine sogenannte „Unrechtsvereinbarung“ erforderlich, die vorliegt, wenn der Vorteil als Gegenleistung für eine Diensthandlung angesehen werden kann. Das Landgericht hatte hier widersprüchliche Feststellungen getroffen, etwa dass die Diskussion über Freikarten erst nach der Vereinbarung des Nutzungsentgelts aufkam, während andererseits die Freikartenforderung in direktem Zusammenhang mit den Verhandlungen stand.

2. Vorteilsgewährung (§ 333 StGB)

Der BGH hob hervor, dass das Landgericht bei der Annahme eines Gegenseitigkeitsverhältnisses keine ausreichende Gesamtschau der relevanten Umstände vorgenommen hatte. Entscheidend ist, ob die Vorteile dazu dienten, die Dienstausübung der Empfänger zu beeinflussen. Es wurde kritisiert, dass das Landgericht eine solche Gesamtschau nicht ausreichend vorgenommen hatte, obwohl die interne Verteilung der Freikarten auf Amtsträger deutliche Hinweise auf eine unerlaubte Beeinflussung durch die Vorteile enthielt.

3. Freispruch vom Vorwurf der Bestechlichkeit (§ 332 StGB)

Das Landgericht hatte eine des Angeklagten R. verneint, weil das Nutzungsentgelt sachgerecht und nicht durch die Zuwendungen beeinflusst gewesen sei. Der BGH stellte jedoch fest, dass der Maßstab des Landgerichts zur Bewertung der Pflichtwidrigkeit der Diensthandlungen nicht korrekt angelegt war. Für den Tatbestand der Bestechlichkeit genügt es, dass der Amtsträger sich bereit gezeigt hat, sich durch Vorteile beeinflussen zu lassen, selbst wenn er sich insgeheim eine sachgerechte Entscheidung vorbehalten hat.

4. Mängel in der Beweiswürdigung

Der BGH hob das Urteil des Landgerichts auf, weil es an einer klaren und nachvollziehbaren Darstellung der entscheidenden Feststellungen fehlte. Widersprüche in den Urteilsgründen, unzureichende Abgrenzung zwischen erlaubten und unerlaubten Verhaltensweisen sowie die Vernachlässigung zentraler Aspekte der Unrechtsvereinbarung führten dazu, dass eine revisionsrechtliche Überprüfung nicht möglich war. Der BGH forderte eine neue Verhandlung unter Berücksichtigung aller relevanten rechtlichen Kriterien.


Fazit

Diese Entscheidung unterstreicht die Komplexität und die hohen Anforderungen, die an die Beweisführung in Fällen von Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung gestellt werden. Für Amtsträger ist es entscheidend, stets transparent und im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften zu handeln, um den Anschein der Käuflichkeit ihrer Entscheidungen zu vermeiden. Die Aufhebung des Urteils zeigt, dass eine gründliche und widerspruchsfreie Ermittlung und Beurteilung aller Umstände notwendig ist, um eine gerechte Entscheidung zu gewährleisten.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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