Arbeitsrecht: Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte

können die Entfernung einer erteilten aus ihrer verlangen (in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Anspruch besteht, wenn (nach BAG 2 AZR 782/11 sowie 2 AZR 593/09 und 2 AZR 675/07)

  1. die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist,
  2. unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält,
  3. auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder
  4. den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt,
  5. und ausnahmsweise auch dann, wenn bei einer zwar zu Recht erteilten Abmahnung letztlich kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht

Zu letzterem Punkt hat sich das Bundesarbeitsgericht (2 AZR 782/11) recht umfassend geäußert.

Das BAG hatte sich mit der Zielsetzung von Personalakten beschäftigt und klar gestellt, dass es sich hierbei um „eine Sammlung von Urkunden und Vorgängen“ handelt, „die die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse eines Mitarbeiters betreffen und in einem inneren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen“. Sinn der Personalakten ist es, ein möglichst vollständiges, wahrheitsgemäßes und sorgfältiges Bild zu verschaffen. Vor diesem Hintergrund kann einem Arbeitnehmer nur in Ausnahmefällen zugestanden werden, diejenigen Aktenteile zu entfernen, die auf einer richtigen Sachverhaltsdarstellung beruhen.

Diesen Ausnahmefall möchte das Bundesarbeitsgericht jedenfalls dort annehmen, wo eine Interessenabwägung zu Gunsten des Arbeitnehmers streitet. Diese Interessenabwägung hat dabei zwei Pole:

  • die weitere Aufbewahrung kann zu unzumutbaren beruflichen Nachteilen für den Arbeitnehmer führen
  • der beurkundete Vorgang ist für das Arbeitsverhältnis rechtlich bedeutungslos geworden

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Hinsichtlich der Abmahnung stellt der BGH klar, dass hiermit ein Arbeitgeber seine arbeitsvertraglichen Gläubigerrechte in doppelter Hinsicht ausübt:

  1. Zum einen weist er den Arbeitnehmer als seinen Schuldner auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rüge- und Dokumentationsfunktion).
  2. Zum anderen fordert er ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt, sofern ihm dies angebracht erscheint, individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warnfunktion).

Dies berücksichtigt, ergeben sich zwei Anhaltspunkte für die Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung: Einmal, dass die Abmahnung ihre Warnfunktion verloren hat. Des Weiteren darf der Arbeitgeber aber eben auch kein berechtigtes Interesse mehr an der Dokumentation der gerügten Pflichtverletzung haben. Damit kommt das BAG sodann zum Schluss, dass der Arbeitnehmer die Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung aus seiner Personalakte nur dann verlangen kann, wenn diese für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses unter keinem rechtlichen Aspekt mehr eine Rolle spielen kann:

Das durch die Abmahnung gerügte Verhalten muss für das Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht rechtlich bedeutungslos geworden sein. Das ist nicht der Fall, solange eine zu Recht erteilte Abmahnung etwa für eine zukünftige Entscheidung über eine Versetzung oder Beförderung und die entsprechende Eignung des Arbeitnehmers, für die spätere Beurteilung von Führung und Leistung in einem Zeugnis oder für die im Zusammenhang mit einer möglichen späteren Kündigung erforderlich werdende Interessenabwägung von Bedeutung sein kann. Darüber hinaus kann es im berechtigten Interesse des Arbeitgebers liegen, die Erteilung einer Rüge im Sinne einer Klarstellung der arbeitsvertraglichen Pflichten weiterhin dokumentieren zu können. Demgegenüber verlangen die schutzwürdigen Interessen des Arbeitnehmers nicht, einen Anspruch auf Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung schon dann zu bejahen, wenn diese zwar ihre Warnfunktion verloren hat, ein Dokumentationsinteresse des Arbeitgebers aber fortbesteht. Auch wenn sich eine Abmahnung noch in der Personalakte befindet, ist im Rahmen eines möglichen Kündigungsrechtsstreits stets zu prüfen, ob ihr noch eine hinreichende Warnfunktion zukam […]

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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