Zugriff auf Standort und Kommunikationsdaten durch Staatsanwaltschaft

Der EUGH (C-746/18) hat klargestellt, dass ein zu strafrechtlichen Zwecken dienender Zugang zu einem Verkehrs- oder Standortdatensatz elektronischer Kommunikationen, der es ermöglicht, genaue Schlüsse auf das Privatleben zu ziehen, darf nur zur Bekämpfung schwerer Kriminalität oder zur Verhütung ernster . Des Weiteren steht das Unionsrecht überdies einer nationalen Regelung entgegen, wonach die
Staatsanwaltschaft befugt ist, einer Behörde für strafrechtliche Ermittlungen Zugang zu diesen Daten zu gewähren.

Die Große Kammer des Gerichtshofs hat entschieden, dass die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation im Licht der Charta einer nationalen Regelung entgegensteht, die es Behörden zur Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten ermöglicht, Zugang zu Verkehrs- oder Standortdaten zu erlangen, die geeignet sind, Informationen über die von einem Nutzer eines elektronischen Kommunikationsmittels getätigten Kommunikationen oder über den Standort der von ihm verwendeten Endgeräte zu liefern und genaue Schlüsse auf sein Privatleben zuzulassen, ohne dass sich dieser Zugang auf Verfahren zur Bekämpfung schwerer Kriminalität oder zur Verhütung ernster Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit beschränken würde.

Dies gilt unabhängig davon, für welchen Zeitraum der Zugang zu den betreffenden Daten begehrt wird und welche Menge oder Art von Daten für einen solchen Zeitraum verfügbar ist. Außerdem steht die im Licht der Charta einer nationalen Regelung entgegen, wonach die Staatsanwaltschaft dafür zuständig ist, einer Behörde für strafrechtliche Ermittlungen Zugang zu Verkehrs- und Standortdaten zu gewähren.


In Bezug auf das mit der fraglichen Regelung verfolgte Ziel der Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten führt der Gerichtshof aus, dass im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur die Bekämpfung schwerer Kriminalität oder die Verhütung ernster Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit geeignet sind, den Zugang der Behörden zu einem Satz von Verkehrs- oder Standortdaten zu rechtfertigen, aus denen genaue Schlüsse auf das Privatleben der betroffenen Personen gezogen werden können, ohne dass andere die
Verhältnismäßigkeit eines Zugangsantrags betreffende Faktoren wie die Länge des Zeitraums, für den der Zugang zu solchen Daten begehrt wird, dazu führen können, dass das Ziel, Straftaten im Allgemeinen zu verhüten, zu ermitteln, festzustellen und zu verfolgen, einen solchen Zugang zu rechtfertigen vermag.

Hinsichtlich der Befugnis der Staatsanwaltschaft, einer Behörde für strafrechtliche Ermittlungen Zugang zu Verkehrs- und Standortdaten zu gewähren, weist der Gerichtshof darauf hin, dass im nationalen Recht die Voraussetzungen festzulegen sind, unter denen die Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste den zuständigen nationalen Behörden Zugang zu den Daten gewähren müssen, über die sie verfügen. Um dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit zu genügen, muss eine solche Regelung jedoch klare und präzise Regeln für die Tragweite und die Anwendung der betreffenden Maßnahme vorsehen und Mindesterfordernisse aufstellen, damit die Personen, deren betroffen sind, über ausreichende Garantien verfügen, die einen wirksamen Schutz ihrer Daten vor Missbrauchsrisiken ermöglichen.

Die Regelung muss nach innerstaatlichem Recht bindend sein und Angaben dazu enthalten, unter welchen Umständen und unter welchen materiellen und prozeduralen Voraussetzungen eine Maßnahme, die die Verarbeitung solcher Daten vorsieht, getroffen werden darf, um zu gewährleisten, dass sich der Eingriff auf das absolut Notwendige beschränkt. (Quelle: Pressemitteilung des Gerichts)

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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