Zu den notwendigen Feststellungen bei einem Computerbetrug

Beim (2 StR 658/13) ging es mal wieder um den , der der instanziellen Rechtsprechung immer wieder Probleme bereitet, gerade bei der Frage, welche Feststellungen bei der Abgrenzung zum zu machen sind. Die Entscheidung bietet einen guten Überblick über notwendige Aspekte bei der Abfassung und Prüfung entsprechender Urteile.

Computerbetrug: Sauber prüfen

Es ging u.a. wohl um die Bestellung von zubereiteten Speisen über Online-Plattformen, wobei der BGH festhält

Das Tatgericht stellt insoweit allein darauf ab, dass der Angeklagte (…) über online-Bestellplattformen diverse Speisen bestellt hat, die entsprechend der übermittelten Daten jeweils „persönlich zubereitet“ werden mussten.

Das konnte so schon aus mehreren Gründen nicht funktionieren: Zum einen ist die Zubereitung von der Bestellbearbeitung bzw. dem Vertragsschluss schon denklogisch abgekoppelt und im Zweifelsfall nachgelagert, Rückschlüsse sind hier nicht angebracht. Zum anderen funktionieren Bestellplattformen im Internet so, dass hier ein externer Anbieter (!) den Vertragsschluss und die Zahlungsabwicklung erledigt, während das Vertragsverhältnis mit dem Lieferanten dann nicht mehr mit dem Besteller entsteht. Wer hier eine Täuschung des Lieferdienstes annehmen möchte, muss erst einmal aufdröseln, wie der Zahlungsverkehr aufgebaut ist. Daher gilt dann:

Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer wird in diesem Zusammenhang deshalb eingehender als bislang geschehen darzustellen haben, welche spezifische Form der Zahlung durch die Nutzung der Kreditkartendaten durch den (dazu nichtberechtigten) Angeklagten vorliegt (…)

Computerbetrug: Liegt überhaupt eine Täuschung vor?

Bemerkenswert aber im Hinblick auf obige Ausführungen konsequent ist, dass der BGH klar stellt, dass es schon an der Täuschungshandlung gegenüber Internet-Anbietern fehlen kann, wenn mit Kreditkarte samt Garantiefunktion bestellt wird:

Ungeachtet dessen wird eine Täuschung selbst nicht hinreichend belegt, denn aufgrund der (möglicherweise) bestehenden Garantiefunktion des Kreditkartenausstellers könnte es auch an einer Täuschungshandlung des Angeklagten gegenüber Mitarbeitern der Internet-Versandanbieter fehlen (…)

Der Aspekt ist gleich mehrfach bedeutend: Wenn nämlich ein lebensnah-einheitliches wenn auch mehraktiges Geschehen vorliegt, muss man zwar über eine Strafbarkeit hinsichtlich des Kreditkarten-Anbieters nachdenken; allerdings wäre hier je nach Einzelfall auf Konkurrenzebene der Weg zur Tateinheit eröffnet, was sich bei der doch spürbar auswirkt.

Beweis beim Computerbetrug: Irrtum der Mitarbeiter bei Versandhäusern selbstverständlich?

Sehr lebensnah aber wenig hilfreich war es dann, dass man schlicht von der Selbstverständlichkeit eines Irrtums ausging:

Ebenso wenig hinreichend belegt wird, dass die Verfügenden einem erlegen sind. Die Strafkammer hat insoweit die Anforderungen an die beweisrechtliche Grundlage der Feststellung eines täuschungsbedingten Irrtums im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB verkannt. Die jeweils irrenden Personen hat das Landgericht nicht ermittelt, weil es „als selbstverständlich anzusehen ist, dass die Mitarbeiter von Internet-Versandanbietern eine Bestellung … grundsätzlich im Vertrauen auf die Zahlungswilligkeit des Bestellers und … im Vertrauen auf die Berechtigung zur Verwendung der Kreditkartendaten ausführen“

Mal abgesehen von obigen Erwägungen, die nahelegen ob man sich hierüber überhaupt Gedanken machen muss, drängt sich hier geradezu auf, dass nicht „Mitarbeiter“ im Allgemeinen eine Rolle spielen können. Der Koch in der Küche denkt nicht darüber nach, ob bezahlt wird – er bereitet die Speise zu. Die Frage ist, wie der Vertragsschluss erfolgt, welche Gedanken eine Rolle spielen und ob hier dann ein täuschungsbedingter Irrtum aufgetreten ist.

Der BGH nimmt dies zum Anlass, die Beweissituation zum Betrug ausführlich darzustellen:

In den Urteilsgründen ist zudem grundsätzlich festzustellen und darzulegen, welche irrigen Vorstellungen die Person hatte, die die Verfügung getroffen hat (…) regelmäßig ist es deshalb erforderlich, die irrende Person zu ermitteln und in der über die tatrelevante Vorstellung zu vernehmen. Ausnahmsweise kann in Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes des Verfügenden die Vernehmung weniger Zeugen genügen. Belegen deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums in den sie betreffenden Fällen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden (…)

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht, Arbeitsrecht und IT-Recht / Technologierecht.