Das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG Nürnberg) hat mit Urteil vom 24. September 2024 eine Entscheidung getroffen, die die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Preiswerbung mit sogenannten 30-Tage-Bestpreisen präzisiert. Der Fall betrifft die Werbung eines Lebensmitteldiscounters, der in einem Werbeprospekt das Produkt „Jacobs Krönung“ beworben hat und dabei den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage, den sogenannten Referenzpreis, nicht korrekt dargestellt hatte.
Hintergrund der Entscheidung
Die Beklagte hatte in ihrer Werbung einen Preisnachlass in Form eines „Bisheriger 30-Tage-Bestpreis“ angegeben. In der Werbung wurde ein neuer Preis und gleichzeitig ein „bisheriger 30-Tage-Bestpreis“ angeführt. Dabei gab es in der Fußnote den Hinweis „außer: Jacobs Krönung 4,44 €“, was auf eine besondere Preisermäßigung für dieses Produkt hinweisen sollte. Die Klägerin, ein qualifizierter Wirtschaftsverband, sah darin eine irreführende Geschäftspraxis und klagte auf Unterlassung.
Kernpunkte der Entscheidung
Das Gericht entschied, dass eine Werbung mit einem Preisnachlass wettbewerbswidrig ist, wenn der normal informierte und verständige Durchschnittsverbraucher den niedrigsten Gesamtpreis der letzten 30 Tage nicht unschwer ermitteln kann. Dies ist insbesondere der Fall, wenn mehrere Preise und Rabatte so kombiniert werden, dass der Verbraucher den Überblick verliert und nicht mehr klar erkennen kann, welcher Preis der „bisherige 30-Tage-Bestpreis“ war.
Irreführung durch Unklarheit des Referenzpreises
Das Gericht stellte fest, dass die Angabe des „bisherigen 30-Tage-Bestpreises“ im vorliegenden Fall irreführend war. Es sei nicht klar gewesen, dass der Preis von 4,44 € für das Produkt „Jacobs Krönung“ bereits in der „Vorvorwoche“ verlangt worden war und damit der niedrigste Preis innerhalb der letzten 30 Tage darstellte. Stattdessen wurde der höhere Preis von 6,99 € als Referenzwert verwendet, was die beworbene Preisermäßigung von „-36%“ in ein falsches Licht rückte.
Pflicht zur Angabe des niedrigsten Preises nach der Preisangabenverordnung
Nach § 11 Abs. 1 der Preisangabenverordnung (PAngV) ist bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware der niedrigste Gesamtpreis anzugeben, den der Unternehmer innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat. Diese Regelung dient der Umsetzung der Preisangabenrichtlinie der EU, die eine transparente und nachvollziehbare Preisgestaltung zum Ziel hat.
Verstoß gegen das Irreführungsverbot nach dem UWG
Die Werbung der Beklagten verstieß gegen die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), insbesondere § 5a Abs. 1 und Abs. 2. Diese Vorschriften schützen den Verbraucher vor irreführenden Angaben, die die Entscheidungsfreiheit beeinflussen könnten. Die Beklagte hatte durch die Kombination von Streichpreisen und Fußnotentexten eine unübersichtliche Werbegestaltung geschaffen, die den Verbraucher in die Irre führte.
Folgen der Entscheidung
Die Entscheidung des OLG Nürnberg zeigt, dass Preiswerbung strengen Transparenzanforderungen unterliegt. Insbesondere bei der Angabe von Preisermäßigungen müssen die beworbenen Preise klar, eindeutig und für den Verbraucher nachvollziehbar sein. Das Gericht stellte fest, dass die bloße Nennung eines „bisherigen 30-Tage-Bestpreises“ in der Fußnote ohne klare Zuordnung und ohne verständliche Darstellung des Preisvorteils den Irreführungstatbestand erfüllt.
Für die Beklagte bedeutet dies, dass sie ihre Werbepraxis ändern muss, um zukünftige Verstöße und daraus resultierende Sanktionen zu vermeiden. Die Entscheidung hat darüber hinaus eine grundsätzliche Bedeutung für die gesamte Branche, da Preiswerbung in dieser Form häufig eingesetzt wird. Das OLG Nürnberg hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, um eine höchstrichterliche Klärung der wettbewerbsrechtlichen Fragen herbeizuführen.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Nürnberg verdeutlicht die Bedeutung einer transparenten und klaren Preiswerbung. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Preisangaben nicht nur den gesetzlichen Anforderungen genügen, sondern auch für den verständigen Verbraucher nachvollziehbar sind. Diese Entscheidung könnte in Zukunft als Maßstab für die Beurteilung ähnlicher Werbemaßnahmen dienen und stellt klar, dass Irreführungen, auch wenn sie nur aus komplexen oder missverständlichen Darstellungen resultieren, unzulässig sind.
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