Versehentlich falsche Artikelbeschreibung bei eBay: Schadensersatz bei vorzeitiger Beendigung des Angebots

Das Amtsgericht Bremen (9 C 0010/17) hat eine Bemerkenswerte Entscheidung getroffen, die ein beachtlichen Schadensersatzrisiko auf in den Raum stellt und die inhaltlich auch durchaus vertretbar ist: Mit dem AG Bremen haftet der Verkäufer für die Richtigkeit der Produktbeschreibung und schuldet bei vorzeitigem Abbruch einer Internetauktion Schadensersatz, wenn er hinsichtlich des Abbruchgrundes – hier in Form falscher Artikelbeschreibung – zumindest leicht fahrlässig handelte.

Das bedeutet: Wenn man einen Artikel einstellt, den man falsch beschrieben hat und dann die Auktion abbricht – weil man ja nicht im Angebot hat was man da beworben hat – dann haftet man dafür. Im Fall des AG Bremen ging es wohl um ein Apple-TV der 3. Generation das versehentlich als eines der 4. Generation beworben wurde. Mit dem Abbruch der Auktion war der Differenzbetrag sodann zu erstatten.

Das Gericht führt hierzu aus, dass die falsche Verwendung von Beschreibungen grds. Ansprüche eröffnet und im konkreten Fall, auf Grund der umstände, auch eine vorzuwerfende Fahrlässigkeit vorlag, wobei es ausdrücklich in Ordnung sein soll, wenn man relativierende Zusätze verwendet um klarzustellen, dass gerade nicht klar ist welche Beschaffenheit vorliegt:

Die Beklagte hat somit leichtfertig eine falsche Produktbeschreibung im Sinne des § 434 I 3 BGB abgegeben (vgl. LG Frankfurt, MMR 2007, 677 für unzutreffende Beschaffenheitsangabe); ein bloßer Schreibfehler liegt nicht vor. Es hätte der Beklagten bei des Angebots frei gestanden, keine verbindlichen Angaben zur Generation des Produkts zu machen oder diese mit einem Zusatz (vermutlich 4. Generation o.Ä.) zu relativieren. Ob die Beklagte arglistig handelte oder das Gerät aufgrund der Optik der Fernbedienung und der Anschlüsse für die Beklagte als solches der 3. Generation unschwer erkennbar gewesen ist, kann deshalb dahinstehen. Im Übrigen bliebe die beweispflichtige (Palandt, 75. A., § 119, Rn. 32) Beklagte beweisfällig, dass sie seinerzeit in gutem Glauben das Produkt der 3. Generation als solches der 4. Generation bezeichnete. Fest steht, dass ein gebrauchtes Produkt der 3. Generation in einem Originalkarton und mit Zubehör und Kassenbeleg eines Produkts der 4. Generation angeboten wurde. Die Beklagte hat keinen Beweis dafür angeboten, dass sie das Produkt zuvor von ihrem Vater in gutem Glauben auf die Übereinstimmung von Produkt und Dokumentation in Empfang genommen hatte und die Auktionsbeendigung allein aufgrund der behaupteten Verwechslung des Packungsinhalts erfolgt sei; dass die Beklagte als Laie ein Gerät ihres Vaters veräußern wollte, ergibt sich aus der Produktbeschreibung gerade nicht.

Zudem hätte die Beklagte zumindest leicht fahrlässig gehandelt, sofern sie die Angaben ihres Vaters ungeprüft übernommen hätte. Da ihr bekannt gewesen sein soll, dass der Vater sein altes TV Gerät gegen ein neues derselben Baureihe ersetzt hatte, hätte es nahe gelegen, sich vor der Angebotsabgabe zu vergewissern, dass zum Verkauf des alten Gerätes nicht (versehentlich?) der Karton und der Beleg des neuen Geräts verwendet wird.

Diese Argumentation ist nicht zwingend falsch, verkennt aber aus meiner Sicht einige Aspekte, so insbesondere die Rechtsprechung des BGH zum Abbruch von eBay-Auktionen. So kann die Rechtsprechung des BGH durchaus so verstanden werden, dass ein Abbruchgrund vorliegt wenn man zuerst davon ausging, es sei eine bestimmte Beschaffenheit vorhanden, hinterher aber erst bemerkt dass diese doch nicht vorhanden ist. Denn das Ergebnis ist, dass letztlich ansonsten eine reine Gefährdungshaftung für Werbetexte alleine durch Artikelbeschreibungen existiert, die vom Gesetz so nicht vorgesehen war.

Doch das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit der Rechtsprechung des BGH ein Vertragsschluss schon mit Abgabe des Gebotes angenommen werden muss. Das bedeutet, wenn man strikt darauf abstellt, existiert bereits ein , basierend auf der zum Zeitpunkt der Abgabe bestehenden beschreibenden Textes. Nachträgliche Änderungen wären ohnehin unwirksam. Hier aber liegt aus meiner Sicht der Fehler bei der Abarbeitung schuldrechtlicher Fragen, denn genau jetzt muss gefragt werden, um ein Grund zur Rücknahme des Angebots vorliegt, wobei das Gericht an dieser Stelle dann Fragen der Beschaffenheitsvereinbarung mit denen des Rücknahmegrundes vermischt. Mit dem BGH sind nachträgliche Veränderungen der Sachlage immer ein berechtigter Grund für eine Rücknahme, auch wenn sie – wie etwa bei späterer Beschädigung – aus der Sphäre des Verkäufers stammen.

Wie beschrieben ist die Auffassung des Gerichts keineswegs unvertretbar, ich lehne sie aber im Ergebnis ab. Wer dieser Auffassung folgt wird zu dem Ergebnis kommen, dass es klüger ist, die Artikelbeschreibung nicht mehr nach einem gebot zu ändern und auch nicht abzubrechen, sondern sehenden Auges die Streit programmierende Auktion weiterlaufen zu lassen, damit ein möglichst hohes Gebot im Raum steht – und somit die Differenz die als Schadensersatz im Raum steht, möglichst klein ist. Die andere Variante ist, sich mit dem Gericht darüber zu streiten ob (entsprechend obiger Auffassung) keine vorwerfbare Fahrlässigkeit bei der Gestaltung der Artikelbeschreibung vorlag – oder eben doch ein Rücknahmegrund zu erkennen ist.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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