Dass bei einer Verhängung einer Jugendstrafe eine besonders sorgfältige Sanktionsbegründung notwendig ist, sollte nicht überraschen. Insbesondere hat ein Gericht zur Begründung der Verhängung einer Jugendstrafe tragfähig auszuführen, warum unter Berücksichtigung der Persönlichkeit und des bisherigen Werdegangs des Angeklagten Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zu dessen Erziehung nicht ausreichend sein könnten (§ 17 Abs. 2 Alternative 1 JGG), was Gerichte gerne übersehen bzw. es sich hier zu einfach machen.
Verhängung von Jugendstrafe. Anforderungen
So hat das Gericht den Umfang des Erziehungsbedarfs des Angeklagten, der nach § 18 Abs. 2 JGG für die Bemessung der Jugendstrafe maßgeblich ist, konkret zu bestimmen und tragfähig zu begründen. Dabei müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass das Tatgericht dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Bedeutung beigemessen und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Unrechts der Tat gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Jugendlichen abgewogen hat (vgl. nur BGH, 3 StR 279/21, 3 StR 581/14 und 1 StR 352/22).
Diesen Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügen pauschale Ausführungen des Gerichts nicht, wenn es sich weder mit der Qualität des Vorlebens des Angeklagten, noch mit den nachfolgenden Taten, noch mit der Persönlichkeitsentwicklung des Angeklagten, noch mit dem sich daraus ergebenden konkreten Erziehungsbedarf des Angeklagten auseinandergesetzt hat.
Die Verhängung von Jugendstrafe ist mit Rechtsmitteln überprüfbar – und es werden gerne Fehler in diesem Bereich gemacht!
Beispiel zur fehlerhaften Verhängung von Jugendstrafe
Beispielhaft musste etwa das OLG Hamm herausarbeiten, dass das Vorliegen schädlicher Neigungen nicht formelhaft, sondern vielmehr eingehend begründet werden muss:
Bei der Verhängung von Jugendstrafe ist eine besonders sorgfältige Sanktionsbegründung erforderlich, die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts zu überprüfen ist. Es muss das Vorliegen schädlicher Neigungen eingehend – und nicht nur formelhaft – begründet und angegeben werden, welcher Art diese sind.
Zu früheren Straftaten, mit denen schädliche Neigungen begründet werden, müssen konkrete tatsächliche Feststellungen getroffen werden und der Richter muss sich damit auseinandersetzen, warum gerade die abgeurteilte Tat die Verhängung einer Jugendstrafe erfordert (OLG Hamm NStZ-RR 1999, 377; OLG Köln, Beschl. v. 05.03.2010 – 1 RVs 26/10 – juris; Brunner/Dölling in: Brunner/Dölling, Jugendgerichtsgesetz, 13. Aufl. 2017, § 54 Rdn. 16).
Oberlandesgericht Hamm, 4 RVs 109/21
Dabei müssen vormalige Straftaten, mit denen schädliche Neigungen begründet werden, konkrete tatsächliche Feststellungen getroffen werden und der Richter muss sich damit auseinandersetzen, warum gerade die abgeurteilte Tat die Verhängung einer Jugendstrafe erfordert, so das OLG.
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