Beim Bundesgerichtshof (I ZR 224/13) ging es um die typische Streitfrage nach Abgabe einer Unterlassungserklärung – wenn hiergegen durch mehrere einzelne Verstöße verstoßen wird, ist eine Vertragsstrafe verwirkt oder können mehrere Vertragsstrafen verlangt werden? Naturgemäß wünschen die Gläubiger für jeden wahrnehmbaren Verstoß eine einzelne Strafe, während Schuldner diese zu einheitlichen Handlungen zusammen fassen möchten. Die hierzu vorhandene Rechtsprechung hat der BGH in Grundzügen konkretisiert.
So hat der BGH im Leitsatz festgestellt:
Mehrere Zuwiderhandlungen gegen ein Vertragsstrafeversprechen können als ein einziger Verstoß zu werten sein, wenn sie gleichartig sind, unter Außerachtlassung derselben Pflichtenlage begangen worden sind, zeitlich in einem engen Zusammenhang stehen und der Handelnde sein Verhalten als wettbewerbskonform angesehen hat (…)
Es ergeben sich aus der Entscheidung verschiedene Kriterien, die im Rahmen der Gesamtumstände zur Annahme einer Tateinheit und somit einer einheitlichen Vertragsstrafe führen können:
- Gleichartige Verstöße unter wiederholter Außerachtlassung derselben Pflichtenlage
- Enger zeitlicher Zusammenhang
- Nur fahrlässige Verstöße
- Im Raum stehender geringer Wert der wettbewerbswidrigen Ware im Vergleich zu einer sehr hohen Vertragsstrafe
- Wenn die Verletzungshandlungen auf einer einzigen Entscheidung des Schuldners beruhen
Es zeigt sich dabei, dass es keine „Formel“ gibt, sondern es muss sehr genau das Gesamtgefüge bewertet werden. Dabei kann es sinnvoll sein, bei der Unterlassungserklärung von Beginn an nicht nur nach dem (neuen) Hamburger-Brauch zu verfahren, sondern diesen mit einer spürbaren Mindeststrafe zu kombinieren, um mit der Rechtsprechung des BGH bei wiederholten Folgeverstößen ein Argument für eine einheitliche Vertragsstrafe zu haben. Gerade wenn Produkte weiter vertrieben werden sollen und das Risiko besteht, dass hier durch Unachtsamkeit (oder eine unklare Rechtslage!) ein Verstoss gegen die abgegebene Unterlassungserklärung begründet werden könnte, kann sich eine Mindestvertragsstrafe schnell „rechnen“.
Damit ist auch deutlich, dass das blinde Verwenden des (neuen) Hamburger Brauchs „ins Blaue hinein“ je nach Einzelfall dumm sein kann, da man sehenden Auges Risikopotential erhöht. Gleichwohl ist es ebenso dumm, immer eine Mindeststrafe zu verwenden – es kommt halt drauf an.
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