Gerade in Betäubungsmittel-Prozessen stellt sich das Problem, dass Zeugen gerne einmal zum Teil die Wahrheit zu sagen scheinen, zum (grossen) Teil aber auch blanken Unsinn. Manche Strafkammern neigen dann der Rosinentheorie zu und versuchen sich das heraus zu picken, was man zum Verurteilen braucht. Das aber genügt nicht den Anforderungen, die die Rechtsprechung des BGH an die Beweiswürdigung stellt, wenn die Angaben des einzigen Belastungszeugen weitgehend als unglaubhaft bewertet werden.
Wichtig ist, auch das muss man Mandanten immer wieder sagen, dass es ausdrücklich mit dem BGH zwar keinen „Erfahrungssatz“ dahingehend gibt, dass einem Zeugen nur entweder insgesamt geglaubt oder insgesamt nicht geglaubt werden darf. Aber:
Jedoch müssen die Urteilsgründe dann erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Wird dem Zeugen hinsichtlich weiterer Taten nicht gefolgt, so muss das Tatgericht jedenfalls regelmäßig außerhalb der Zeugenaussage liegende gewichtige Gründe nennen, die es ihm ermöglichen, der Zeugenaussage im Übrigen dennoch zu glauben (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2017 – 5 StR 520/17, NStZ 2018, 116). Daran fehlt es hier. Denn schon nach Ansicht der Strafkammer kommt der Verwendung eines Codes bei der Bestellung von „Haze“ nur ein ergänzender Beweiswert zu (…).
BGH, 5 StR 391/19
Das bedeutet, in einer Revision muss man herausarbeiten, wo das Gericht vielleicht etwas zu plump die Rosinentheorie angewendet hat. Ein kardinaler Anfängerfehler wäre es, das Gericht in laufender Hauptverhandlung auf die Thematik hinzuweisen und quasi dabei zu helfen, das Urteil revisionsfest zu schreiben.
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