Das Oberlandesgericht Hamm (1 Vollz (Ws) 664, 665/14) hatte sich mit der durchaus sensiblen Frage zu beschäftigen, wie damit umzugehen ist, dass männliche Inhaftierte durch weibliche Justizvollzugsbeamte durch den Türspion beobachtet werden. Dazu hält das OLG fest, dass eine solche Beobachtung keineswegs zu unterlassen ist, aber man rücksichtsvoll vorzugehen hat, etwa indem die Bediensteten vor dem Blick durch den Spion anklopfen:
Grundsätzlich ist die Beobachtung männlicher Gefangener durch einen Türspion oder ein Fenster zum Haftraum – auch durch weibliche Bedienstete – eine zulässige Maßnahme zur Abwendung der Realisierung einer Selbstmordgefahr. Auch hierbei ist freilich die Intimsphäre des Gefangenen, die durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt wird, möglichst zu schonen. Insoweit ist – jedenfalls bei der Beobachtung durch weibliche Bedienstete – zu prüfen, ob eine vorherige Ankündigung einer solchen Sichtkontrolle ohne Gefährdung ihres Sicherungszwecks möglich ist und ggf. entsprechend vorzugehen, damit dem gefangenen die Möglichkeit gegeben wird, etwaigen Eingriffen in seine Intimsphäre vorzubeugen.
Ausdrücklich offen gelassen hat das OLG (leider), ob diese Grundsätze nicht auch bei Kontrollen durch gleichgeschlechtliche Beamte anzuwenden wären – der Betroffene hatte dies gar nicht erst gerügt. Abwegig wäre es im Hinblick auf die Intimsphäre, möglicherweise je nach Uhrzeit unterschieden, jedenfalls nicht.
Aus der Entscheidung:
Vielmehr handelt es sich bei der angeordneten Sicherungsmaßnahme um eine solche nach § 88 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG, soweit sie zur Nachtzeit durchzuführen war und eine solche nach § 4 Abs. 2 StVollzG im Übrigen (vgl. BGH NJW 1991, 2652). Hier ging es offensichtlich um eine Beobachtung nicht zur Nachtzeit, was sich aus dem Umstand ergibt, dass der Betroffene bei oder kurz nach der Körperpflege nach sportlicher Betätigung (Laufen in der Freistunde) angetroffen wurde. Maßstab der Überprüfung ist also § 4 Abs. 2 StVollzG. Danach dürfen dem Gefangenen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind. Grundsätzlich ist zwar die Beobachtung durch einen Türspion oder ein Fenster zum Haftraum – auch durch weibliche Bedienstete – eine zulässige Maßnahme zur Abwendung der Realisierung einer Selbstmordgefahr. Auch hierbei ist freilich die Intimsphäre des Gefangenen, die durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt wird, möglichst zu schonen. Dem wurde im angefochtenen Beschluss nicht vollständig Rechnung getragen. Soweit die angefochtene Entscheidung darauf abstellt, die beanstandeten Sichtkontrollen durch weibliche Bedienstete seien zu Zeiten erfolgt, in denen „grundsätzlich nicht damit zu rechnen ist, dass der Gefangene sich in seinem Haftraum nackt aufhält“, hätte es gleichwohl der Erörterung bedurft ob nicht gleichwohl auch hier die Möglichkeit bestand, sich vor der Verschaffung des Einblicks in den Haftraum des Betroffenen in irgendeiner Form anzukündigen, um ihm so die Möglichkeit zu geben, einen – wenn auch nicht zu erwartenden, jedoch gleichwohl nicht fern liegenden – etwaigen Eingriff in seine Intimsphäre abzuwenden. Insoweit gelten nach Auffassung des Senats die verfassungsgerichtlichen Anforderungen zum Sich-bemerkbar-Machen vor einem Betreten des Haftraumes (s.o.) entsprechend. Es hätte also hier der Erörterung bedurft, warum es, wenn eine weibliche Bedienstete die Beobachtung durchführt, nicht möglich gewesen sein sollte, dass diese die Sichtkontrolle zuvor (etwa durch Abgabe eines vorher mit dem Gefangenen vereinbarten Zeichens, durch Ansprache durch die Haftraumtür hindurch o.ä.) ankündigte. Ein solcher Grund könnte etwa dann vorliegen, wenn zu befürchten ist, dass der Gefangene eine Selbstmordabsicht noch zwischen Ankündigung und Sichtkontrolle verwirklicht und aufgrund dessen ein zeitlicher Vorlauf entstünde, der die Sicherungsmaßnahme leerlaufen ließe. Mit diesen Fragen setzt sich der angefochtene Beschluss indes nicht auseinander.
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