Der EUGH (C-603/22) hat entschieden, dass Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen sind, die konkrete und effektive Möglichkeit haben müssen, sich von einem – gegebenenfalls von Amts wegen bestellten – Rechtsbeistand unterstützen zu lassen.
Diese Verpflichtung muss vor der ersten Befragung durch die Polizei oder jede andere Strafverfolgungs- oder Justizbehörde und spätestens bei der Befragung bestehen. Grundsätzlich
können diese Behörden ein Kind, das nicht tatsächlich eine solche Unterstützung erhält, nicht befragen.
Personen, die während des Strafverfahrens das 18. Lebensjahr vollendet haben, dürfen nicht automatisch die Rechte verlieren, die das Unionsrecht Minderjährigen verleiht, insbesondere das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand. Diese Rechte müssen fortbestehen, wenn dies angesichts aller Umstände des Einzelfalls, einschließlich des Reifegrads und der Schutzbedürftigkeit der betroffenen Personen, angemessen ist.
Der Gerichtshof betont, dass Minderjährige so schnell wie möglich und spätestens vor ihrer ersten Befragung über ihre Verfahrensrechte belehrt werden müssen.
Die entsprechenden Informationen müssen in einer einfachen und verständlichen Form übermittelt werden, die ihren besonderen Bedürfnissen angepasst ist. Ein für Erwachsene bestimmtes standardisiertes Dokument entspricht diesen Anforderungen nicht. Was belastende Beweise angeht, die aus Aussagen eines Minderjährigen im Rahmen einer unter Verletzung seiner Rechte durchgeführten Befragung gewonnen wurden, verpflichtet das Unionsrecht die Mitgliedstaaten nicht,
für das nationale Gericht die Möglichkeit vorzusehen, solche Beweise für unzulässig zu erklären. Dieses Gericht muss jedoch in der Lage sein, die Wahrung dieser Rechte zu überprüfen und alle Konsequenzen zu ziehen, die sich aus ihrer Verletzung ergeben, insbesondere in Bezug auf den Beweiswert der fraglichen Beweise. (Quelle: Pressemitteilung des Gerichts)
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