Spielschulden sind Ehrenschulden? Mitnichten.

Veranstaltet jemand im Internet ein Rätselspiel, handelt es sich um ein Geschicklichkeitsspiel, nicht um ein , da die richtige Beantwortung des Rätsels vom Wissen des Ratenden abhängt und nicht vom Zufall. Der versprochene Preis stellt eine Auslobung dar und ist damit bindend.

Die spätere Beklagte betrieb im Internet eine als „Geschicklichkeitsspiel“ bezeichnete
Veranstaltung. Dieses Spiel beinhaltete 10 Schwierigkeitsstufen. Zu jeder Stufe gehörten 9 Fragen. Im Rahmen der Beantwortung jeder Frage wurden 4 Lösungsvorschläge angeboten, wobei nur eine der vorgegebenen Antworten zutreffend war. Für die Beantwortung jeder Frage hatte man 30 Sekunden Zeit. Hatte man die richtige Antwort angeklickt, kam man zur nächsten Stufe und damit zur nächsten Frage.

Die erste Stufe galt als sogenannte Qualifikationsrunde. Danach konnte man sich registrieren lassen und nach Zahlung von 9,90 Euro die weiteren Stufen durchlaufen. Als Preise war folgendes versprochen: Stufe 2 zwei Euro, Stufe 3 fünf Euro, Stufe 4 zehn Euro, Stufe 5 hundert Euro, Stufe 6 tausend Euro, Stufe 7 zehntausend Euro, Stufe 8 25000 Euro, Stufe 9 250000 Euro und Stufe 10 eine Million Euro.

Der spätere Kläger nahm im September 2006 nach ordnungsgemäßer Registrierung am
Spiel teil. Er durchlief alle zehn Stufen und verlangte vom Internetbetreiber die versprochene Million. Dieser weigerte sich zu bezahlen. Es handele sich um ein Spiel. Eine verbindliche Forderung würde dadurch nicht begründet.

Um das Kostenrisiko gering zu halten und die Rechtslage erst einmal zu klären, klagte der Spieler zunächst 1000 Euro beim Amtsgericht München ein.

Die zuständige Richterin gab der statt:

Der Kläger habe einen Zahlungsanspruch, da die Gewinnzusage als „Auslobung“, also als bindendes Versprechen zu werten sei. Die Vorschrift des § 762 des Bürgerlichen Gesetzbuches, wonach Spiel oder Wette eine Verbindlichkeit nicht begründen, fände hier keine Anwendung. Unter diese Vorschrift fallen nämlich nur Spiele, bei denen das Zufallselement im Vordergrund stehe.

Bei dem Spiel der Beklagten handele es sich aber um ein Geschicklichkeitsspiel, nicht um ein Glücksspiel. Das Glückspiel unterscheide sich vom Geschicklichkeitsspiel dadurch, dass beim Geschicklichkeitsspiel geistige Fähigkeiten, Aufmerksamkeit, Geschick oder Anstrengung das Ergebnis beeinflussen. Beim Glückspiel hingegen sei der Ausgang allein oder zumindest hauptsächlich vom Zufall abhängig.

Da es bei Rätselspielen gerade nur eine Lösung gebe und die Beantwortung nicht von
einer ungewissen oder streitigen Tatsache abhänge, liege diesem Spiel gerade kein Zufallselement zugrunde. Ein Wissensspiel, wobei der Schwierigkeitsgrad unerheblich sei, sei also ein Geschicklichkeitsspiel. Bei dem von der Beklagten angebotenen Spiel seien verschiedene Fragen in vorgegebener Zeit richtig zu beantworten. Die richtige Beantwortung hänge von den geistigen Fähigkeiten des Spielers und nicht vom Zufall ab. Der versprochene Preis stelle damit eine Auslobung dar und sei verbindlich.

Das Urteil ist rechtskräftig.
Urteil des AG München vom 16.4.2009, AZ 222 C 2911/08
Quelle: PM

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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