Rechtliche Rahmenbedingungen für Wettvermittlungsstellen: Aktuelle Entscheidungen im Fokus

Die Regulierung von Wettvermittlungsstellen ist seit Jahren ein zentrales Thema im Glücksspielrecht. Zwei aktuelle Urteile des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (VG Düsseldorf, 3 K 168/23)und des Verwaltungsgerichts Berlin (VG Berlin, 4 K 372/22)beleuchten zentrale Fragen zur Zulässigkeit von Wettvermittlungsstellen.

Während das Urteil aus Düsseldorf die Anforderungen an die Einsehbarkeit der Wettbüros thematisiert, bestätigt das Berliner Urteil die Rechtmäßigkeit eines Mindestabstandsgebots zu Schulen. Diese Entscheidungen haben weitreichende Folgen für Betreiber von Wettvermittlungsstellen, insbesondere im Bereich des Managements.

1. Das Einsehbarkeitsgebot für Wettvermittlungsstellen in Nordrhein-Westfalen

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschied in seinem Urteil vom 10. Dezember 2024, dass das sogenannte Einsehbarkeitsgebot gemäß § 13 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 13a Abs. 1 Sätze 1 und 2 AG GlüStV NRW mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Dies bedeutet, dass Wettvermittlungsstellen in NRW so gestaltet sein müssen, dass der Spiel- und Aufenthaltsbereich von außen „mit beiläufigem Blick“ erkennbar ist.

Hintergrund des Rechtsstreits

Die Klägerin, eine in Malta ansässige Gesellschaft, hatte eine bundesweite Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten und beantragte eine Genehmigung für eine Wettvermittlungsstelle in Düsseldorf. Die Bezirksregierung verweigerte die Erlaubnis mit der Begründung, dass die Geschäftsräume nicht ausreichend einsehbar seien. Die Wettvermittlungsstelle befand sich am Ende einer fünf Meter langen Passage, ohne separate Fenster zur Straße, sodass ein freier Blick in die Räumlichkeiten nicht möglich war.

Rechtliche Bewertung

Das Gericht stellte fest, dass das Einsehbarkeitsgebot nicht nur eine gestalterische Vorgabe, sondern eine zwingende Erlaubnisvoraussetzung darstellt. Verstöße gegen diese Regelung führen dazu, dass die Erlaubnis verweigert werden kann. Dies dient der Kriminalitäts- und Suchtprävention, indem sichergestellt wird, dass potenziell gefährliches Verhalten innerhalb der Wettvermittlungsstelle leichter erkennbar ist.

Auswirkungen auf das Management von Wettvermittlungsstellen

Für Betreiber bedeutet dieses Urteil eine erhöhte Anforderung an die Standortwahl und die architektonische Gestaltung ihrer Geschäftsräume. Standorte mit schlechter Einsehbarkeit – etwa in Passagen oder Hinterhöfen – sind von vornherein problematisch. Zudem müssen Betreiber darauf achten, dass Fenster und Türen nicht durch Werbeflächen oder Sichtschutzmaßnahmen den Blick in die Räume versperren.


2. Mindestabstandsregelung für Wettvermittlungsstellen in Berlin

Parallel dazu bestätigte das Verwaltungsgericht Berlin in seinem Urteil vom 10. Dezember 2024, dass das in Berlin geltende Mindestabstandsgebot von 200 Metern zu Schulen mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Die Klägerin, ebenfalls ein Sportwettenanbieter, hatte eine Erlaubnis für eine Wettvermittlungsstelle beantragt, die lediglich 129 Meter von einer Schule entfernt lag.

Kernpunkte des Urteils

Das Gericht argumentierte, dass das Abstandsgebot insbesondere dem Schutz von Minderjährigen diene. Es berief sich dabei auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Regulierung von Spielhallen, die ebenfalls Mindestabstände vorschreibt. Zudem stellte das Gericht klar, dass die Regulierung von in den Ermessensspielraum des Gesetzgebers falle und dieser die Gefährdungspotenziale eigenständig bewerten könne.

Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht

Die Klägerin hatte geltend gemacht, dass das Abstandsgebot gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) sowie die unionsrechtlichen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheiten (Art. 49, 56 AEUV) verstoße. Das Gericht wies diese Argumente jedoch zurück. Es begründete dies mit der „höchstgefahrengeneigten Tätigkeit“ von Wettvermittlungsstellen, die eine strikte Regulierung rechtfertige.

Praktische Konsequenzen für Wettbürobetreiber

Für Betreiber bedeutet dieses Urteil, dass bei der Standortwahl strenge Abstandsregelungen beachtet werden müssen. In städtischen Gebieten kann dies zu einer erheblichen Einschränkung des verfügbaren Immobilienangebots führen. Zudem sollten Betreiber bereits bei der Antragstellung eine detaillierte Standortanalyse vorlegen, um langwierige Genehmigungsverfahren oder Ablehnungen zu vermeiden.

Implikationen aus der Rechtsprechung mit Blick auf Wettvermittlungsstellen

Standortwahl als entscheidender Faktor

Beide Urteile verdeutlichen, dass die Wahl des Standortes einer Wettvermittlungsstelle von grundlegender Bedeutung ist. Betreiber müssen nicht nur die Mindestabstände zu Schulen einhalten, sondern auch sicherstellen, dass ihre Geschäftsräume gut einsehbar sind. Dies kann die Auswahl geeigneter Standorte erheblich einschränken.

Höhere Planungskosten und regulatorische Unsicherheiten

Die zunehmenden regulatorischen Anforderungen führen zu höheren Planungskosten für Betreiber. Vor der Eröffnung einer Wettvermittlungsstelle sollten rechtliche Gutachten oder Standortanalysen eingeholt werden, um spätere Probleme zu vermeiden.

Auswirkungen auf bestehende Wettvermittlungsstellen

Nicht nur neue, sondern auch bereits bestehende Wettvermittlungsstellen können von den Urteilen betroffen sein. Falls eine Wettvermittlungsstelle beispielsweise nachträglich bauliche Veränderungen vornimmt, die die Einsehbarkeit beeinträchtigen, könnte dies zu einem Widerruf der Erlaubnis führen.

Erhöhte Bedeutung von Compliance

Angesichts der strikten Vorgaben sollten Betreiber sicherstellen, dass ihre Geschäftsmodelle stets den aktuellen rechtlichen Anforderungen entsprechen. Verstöße können nicht nur zur Schließung führen, sondern auch Bußgelder oder Lizenzentzüge nach sich ziehen.


Rechtsanwalt für Wettvermittlungsstellen - Rechtliche Rahmenbedingungen für Wettvermittlungsstellen: Aktuelle Entscheidungen im Fokus

Ausblick

Die beiden Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf und des Verwaltungsgerichts Berlin bestätigen die strengen regulatorischen Rahmenbedingungen für Wettvermittlungsstellen. Während das Düsseldorfer Urteil die Bedeutung der Einsehbarkeit hervorhebt, stellt das Berliner Urteil klar, dass Mindestabstandsgebote verfassungs- und unionsrechtskonform sind. Für Betreiber bedeutet dies eine zunehmende Herausforderung bei der Standortwahl, höhere Planungskosten und die Notwendigkeit einer vorausschauenden -Strategie. Langfristig werden sich nur jene Unternehmen am Markt behaupten können, die diese regulatorischen Anforderungen konsequent einhalten.

Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht bei Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht mit Schwerpunkt Cybersecurity & Softwarerecht. Ich bin zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht und zur EU-Staatsanwaltschaft.Als Softwareentwickler bin ich in Python zertifiziert und habe IT-Handbücher geschrieben.

Erreichbarkeit: Per Mail, Rückruf, Threema oder Whatsapp.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht und anspruchsvolles IT-Recht inkl. IT-Sicherheitsrecht - ergänzt um Arbeitsrecht mit Fokus auf Managerhaftung.
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