Kein Schadensersatzanspruch wegen Weitergabe von Daten aus Telekommunikationsvertrag an Auskunftei

Das Landgericht (LG) Traunstein entschied in seinem Urteil vom 03.06.2024 (Az. 9 O 2353/23), dass kein Schadensersatzanspruch wegen der Weitergabe von Daten aus einem Telekommunikationsvertrag besteht.

Der Kläger, der einen Mobilfunkvertrag mit der Beklagten abgeschlossen hatte, klagte wegen der Weitergabe von Positivdaten an eine Kreditauskunftei und verlangte Schadensersatz sowie Unterlassung. In diesem Beitrag werden die rechtlichen Aspekte der Entscheidung und die Argumentation des Gerichts analysiert.

Sachverhalt

Der Kläger schloss einen Mobilfunkvertrag mit der Beklagten ab und stimmte den Datenschutzbestimmungen der Beklagten zu, die die Weitergabe von Vertragsinformationen (Positivdaten) an die S. … AG beinhalteten. Der Kläger erfuhr im September 2023, dass die Daten an die Auskunftei weitergegeben wurden. Er behauptete, dass diese Datenübermittlung bei ihm ein Gefühl des Kontrollverlustes und Existenzsorgen ausgelöst habe und forderte Schadensersatz sowie die Unterlassung weiterer Datenübermittlungen.

Rechtliche Analyse

Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 DSGVO

Das LG Traunstein prüfte, ob dem Kläger ein Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 Abs. 1 zusteht. Dieser Artikel sieht vor, dass jeder, der aufgrund eines Verstoßes gegen die DSGVO einen materiellen oder immateriellen Schaden erleidet, Anspruch auf Schadensersatz hat.

  1. Immaterieller Schaden:
    • Der EuGH hat festgestellt, dass Art. 82 DSGVO auch immaterielle Schäden erfasst. Dazu gehören seelisches Leid und Beeinträchtigungen der Lebensqualität. Der Schaden muss tatsächlich und sicher entstanden sein und darf nicht nur befürchtet werden.
    • Das Gericht stellte fest, dass der Kläger keinen konkreten immateriellen Schaden nachweisen konnte. Die bloße Behauptung von Unwohlsein, Sorgen und Existenzängsten reichte nicht aus, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Es wurden keine spezifischen, nachweisbaren Beeinträchtigungen vorgebracht.
  2. Berechtigtes Interesse gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO: Die Beklagte argumentierte, dass die Datenübermittlung zur Wahrung berechtigter Interessen, insbesondere zur Betrugsprävention und Bonitätsbewertung, gerechtfertigt sei. Diese Argumentation wurde vom Gericht anerkannt. Die DSGVO erlaubt die Verarbeitung personenbezogener Daten, wenn dies zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist und die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen.

Unterlassungsanspruch

Der Kläger beantragte, der Beklagten zu untersagen, Positivdaten ohne seine Einwilligung an Kreditauskunfteien weiterzuleiten. Das Gericht wies diesen Antrag ab, da er zu weit gefasst war und ein allgemeines Verbot der Datenübermittlung bedeutete. Ein solches Verbot würde auch datenschutzkonforme Übermittlungen im berechtigten Interesse verhindern und somit über das notwendige Maß hinausgehen.

Feststellungsantrag auf Ersatz künftiger Schäden

Der Feststellungsantrag des Klägers auf Ersatz künftiger Schäden wurde ebenfalls abgewiesen, da der Kläger keine ausreichenden Beweise für die Möglichkeit zukünftiger materieller oder immaterieller Schäden vorlegen konnte. Das Gericht stellte fest, dass keine konkreten Anhaltspunkte für zukünftige Schäden aufgrund der Datenübermittlung gegeben waren.


Fazit

Das Urteil des LG Traunstein verdeutlicht, dass ein bloßes Gefühl des Unwohlseins oder allgemeine Sorgen nicht ausreichen, um einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 DSGVO zu begründen. Es müssen konkrete und nachweisbare immaterielle Schäden vorliegen. Die Entscheidung bestätigt auch, dass die Datenübermittlung zur Wahrung berechtigter Interessen gerechtfertigt sein kann, solange sie datenschutzkonform erfolgt. Diese Prinzipien bieten wichtige Leitlinien für die Bewertung von Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit Datenschutzverstößen und der Weitergabe personenbezogener Daten.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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