Die Eintragung einer Zweigniederlassung einer im EU-Ausland gegründeten Gesellschaft kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die Gesellschaft im Ausland keine Hauptniederlassung hat.
Vergeblich bemühte sich der Geschäftsführer einer in England gegründeten beschränkt haftenden Kapitalgesellschaft (Limited) um die Eintragung einer Zweigniederlassung ins deutsche Handelsregister. Amtsgericht und Landgericht lehnten dies ab, da sich die britische Firma für Herstellung und Vertrieb von Datenträgern in ihrem Mutterland nicht wirtschaftlich betätige und es deshalb an einer Hauptniederlassung im rechtlichen Sinn fehle. Der Antragsteller sah sich dadurch in seiner durch den EG-Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit verletzt.
Er erhielt erst beim Pfälzischen Oberlandesgericht (OLG) mit folgender Begründung Recht: Die Eintragung einer inländischen Filiale einer ausländischen Hauptniederlassung richte sich nach deutschem Handelsrecht, das jedoch in einem solchen Fall nach europäischem Gemeinschaftsrecht auszulegen sei. Nach bisheriger Rechtsauffassung setzt die Eintragung der Zweigniederlassung in Deutschland einen tatsächlichen effektiven Verwaltungssitz im Heimatstaat voraus. An dieser nationalen Rechtsprechung könne jedoch mit Rücksicht auf die Fortentwicklung des Niederlassungsrechts in der EU nicht mehr festgehalten werden. Die Eintragung des „Zweigs“ könne nun nicht mehr wegen fehlender Rechtsfähigkeit der englischen Stammgesellschaft als Limited abgelehnt werden. Die umfassende Niederlassungsfreiheit im Wirtschaftsraum der EU erfasse auch Fälle, in denen – wie hier – eine Gesellschaft wirksam nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet worden sei und dort Rechtsfähigkeit erlangt habe, ihren faktischen Sitz jedoch von Anfang an nur in Deutschland haben solle (OLG Zweibrücken, 3 W 21/03).
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