Innerhalb von Familien sind die Aussichten, sich gegen eine Klage nach einer Filesharing-Abmahnung zu verteidigen, ausserordentlich gut – vorausgesetzt, man weiss was man tut. Wer seine Verteidigung damit begründen möchte, dass schlechthin gar nichts passiert ist und jegliches Familienmitglied als Täter ausscheidet, der gräbt sich selbst das Wasser ab, wie auch das LG KÖLn (137 C 207/14) aktuell noch einmal demonstriert.
Das Landgericht hatte sich mit einem abgelehnten Prozesskostenhilfeantrag zu beschäftigen und hat hier nochmals Ausführungen zur Beweislast bei Familienanschlüssen geboten:
Die gegen sie sprechende Vermutung der Täterschaft haben die Beklagten nicht wiederlegt. Sie haben nicht die ernsthafte Möglichkeit aufgezeigt, dass die Rechtsverletzung ohne ihr Wissen erfolgt ist. Nach dem Vortrag des Beklagten gab es einen Familienanschluss mit einem Rechner, der zunächst auch von dem inzwischen verstorbenen Vater des Beklagten und von dem damals zehnjährigen Sohn mitbenutzt wurde. Der Beklagte zu 1) habe den Computer regelmäßig auf rechtmäßige Nutzung kontrolliert und dabei keine Unregelmäßigkeiten gefunden. Außerdem sei der Sohn der Beklagten altersentsprechend angewiesen gewesen, den Rechner nur für legale Zwecke zu nutzen, was ebenfalls überwacht worden sei, teilweise auch von dem Vater des Beklagten zu 1).
Wie es ausgehend von dieser Sachlage geschehen konnte, dass der Familienrechner hinter ihrem Rücken für illegales Filesharing genutzt wurde, haben die Beklagten nicht plausibel dargelegt. Denn die Beklagten haben für sich selbst ausgeschlossen, dass sie die Filesharing-Software betrieben und das streitgegenständliche Werk öffentlich zugänglich gemacht haben. Auch der damals zehnjährige Sohn scheidet jedoch als Täter aus, weil er nach dem Vorbringen der Beklagten in erster Linie schulische Belange auf dem Rechner erledigt habe und im Übrigen altersgemäße Computerspiele gespielt habe.
Ist jedoch wie hier nach der eigenen Darstellung der Beklagten nicht feststellbar, dass ein Dritter selbständigen Zugang zu dem Internet des Anschlussinhabers hatte und danach allein verantwortlich für die Rechtsverletzung sein kann, bleibt es bei der tatsächlichen Vermutung, dass der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, hier also die Beklagten. Diese Vermutung ist hier nicht widerlegt (…)
Das ist soweit korrekt und herrschende Rechtsprechung. Übersetzt: Wer sowas selber vorträgt, dem ist nicht mehr zu helfen. Wer sich mit solchen Verfahren auskennt – gerade in Köln – mag sich fragen, warum die Erfolgsaussicht versagt blieb, da ja immerhin noch die Erhebung und spätere Zuordnung der IP-Adresse zum Inhaber erfolgreich bestritten werden kann (zumal die Kläger meistens nur halbgare Urkunden vorlegen, so dass die Erfolgsaussicht gerade im PKH Verfahren nicht verneint werden kann). Doch auch hierzu liest man etwas in der Entscheidung:
Die Einzelheiten des Ermittlungsvorganges durch die von der Klägerin beauftragte j. GmbH greifen die Beklagten nicht an.
Bei einem derartigen grundlegenden Fehler – wie kann man bitte erklären man hat „nichts gemacht“ und gleichwohl das Ermittlungsergebnis nicht anzweifeln – verbleibt nichts anderes, als tatsächlich PKH zu verweigern.
Der Beschluss zeigt nicht, dass es keine Erfolgsaussichten gegen Filesharing-Klagen gibt. Er zeigt vielmehr, dass nur mit prozessual sauberem Vorgehen, wenn man weiss was man tut, eine Verteidigung möglich ist. Dazu gehört an erster Stelle das Bestreiten des Ermittlungsergebnisses wenn das Filesharing in Abrede gestellt werden soll.
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