Das BVerfG (2 BvR 1110/21) hat entschieden, dass bei einer Verfahrenseinstellung in einer Gesamtschau eine Verfahrens-abschließende Einstellungsentscheidung vorliegen kann, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dem Doppelbestrafungsverbot gemäß Art. 50 GRCh in Verbindung mit Art. 54 SDÜ unterfällt:
Nach deutschem Recht bewirkt die Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft nach § 154 Abs. 1 StPO zunächst als solche zwar noch keinen Strafklageverbrauch (vgl. BGHSt 54, 1
Der Verfahrensabschluss befreit einen Beschuldigten nicht nur von der erheblichen Belastung, die das Strafverfahren mit sich bringt, sondern er dient auch der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Um diesen Interessen umfassend gerecht zu werden, erfordert auch eine Einstellung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft nach dem Opportunitätsprinzip eine gewisse Beständigkeit.
Die Wiederaufnahme eines durch die Staatsanwaltschaft eingestellten Verfahrens darf daher nicht willkürlich, sondern nur bei Vorliegen eines sachlich einleuchtenden Grundes erfolgen, um das Vertrauen des Beschuldigten und der Allgemeinheit in den Bestand des Verfahrensabschlusses nicht zu gefährden (vgl. BGHSt 54, 1
Die Generalstaatsanwaltschaft und das Oberlandesgericht haben nicht hinreichend berücksichtigt, dass schon die auf § 154 Abs. 1 StPO gestützte Einstellungsentscheidung der Staatsanwaltschaft Chemnitz vom 29. April 2015 verfahrensabschließend sowie begleitend zur Anklageerhebung im Übrigen erfolgt ist. Dieser Einstellungsentscheidung gingen mit der Auswertung von Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen, einer Wohnungsdurchsuchung sowie der wiederholten Vernehmung der Beschwerdeführerin als Beschuldigte eingehende Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden voraus. Damit ist die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union vor der Verfahrenseinstellung erforderliche Prüfung der Tatvorwürfe in der Sache erfolgt.
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