Zueignungsabsicht: Wann liegt eine Zueignung vor?

Zueignungsabsicht beim : Täter beim Raub kann nur sein, wer bei der Wegnahme die Absicht hat, sich oder einem Dritten die betreffende fremde Sache rechtswidrig zuzueignen. Doch wann liegt eine solche Zueignungsabsicht vor?

Grundsätzlich gilt, dass eine Zueignungsabsicht dann gegeben ist, wenn der Täter im Zeitpunkt der Wegnahme die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder einen Dritten erlangen und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem eines Dritten „einverleiben“ oder zuführen will. Anders ist dies, wenn die Sache schlicht zerstört werden soll:

An dieser Voraussetzung fehlt es dagegen in Fällen, in denen der Täter die fremde Sache nur wegnimmt, um sie „zu zerstören”, „zu vernichten”, „preiszugeben”, „wegzuwerfen”, „beiseite zu schaffen” oder „zu beschädigen”

BGH, 5 StR 577/18

Der Täter muss also neben der dauernden Enteignung des Berechtigten, für die bedingter Vorsatz genügt, die Aneignung der Sache beabsichtigen. Hierfür ist nicht erforderlich, dass er diese auf Dauer behalten will. Jedoch muss er die – wenn auch möglicherweise nur vorübergehende – Aneignung zum Wegnahmezeitpunkt mit unbedingtem Willen erstreben (BGH, 3 StR 536/18).

Schlichte Sachentziehung

Wenn die beabsichtigte „Einverleibung“ in das Vermögen des Täters, nicht festgestellt werden kann, handelt es sich lediglich um eine Sachentziehung, die – auch wenn der bisherige Eigentümer damit dauerhaft aus seiner Position verdrängt wird – keine Form der Aneignung darstellt (BGH, 4 StR 541/11). Der Wille zur reinen Sachentziehung genügt in der Rechtsprechung des BGH für das Tatbestandsmerkmal der Zueignungsabsicht nicht.

Deshalb liegt eine Aneignungsabsicht nicht vor, wenn der Täter die Sache – ohne sie behalten zu wollen – an sich bringt, um sie „zu zerstören“, „zu vernichten“, „preiszugeben“, „wegzuwerfen“, „beiseite zu schaffen“ oder „zu beschädigen“ (RGSt 35, 355, 357; BGH, 4 StR 400/06, 3 StR 48/15, 5 StR 577/18 und 3 StR 536/18).

Wegnahme von Handy zum Löschen von Daten

Auch in den Fällen, in denen der Täter ein Handy lediglich in der Absicht wegnimmt, dort abgespeicherte Bilder zu löschen, wird es an einer Zueignungsabsicht fehlen: Eine Zueignungsabsicht ist in solchen Konstellationen nur dann zu bejahen, wenn der Täter das Handy – wenn auch nur vorübergehend – über die für die Löschung der Bilder benötigte Zeit hinaus behalten will (BGH, 3 StR 48/15, 3 StR 392/11, 5 StR 577/18).

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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