Interessant und nachvollziehbar ist eine Entscheidung des Amtsgerichts München (341 C 15805/09), die eine Mitschuld bei einem Fahrzeug annimmt, wenn dieses – auch nur teilweise! – in einem absoluten Halteverbot steht. Im konkreten Fall hatte ein Taxefahrer sein Fahrzeug so geparkt, dass das Heck im absoluten Halteverbot stand. Als ein Bus das Taxi hinten rammte, sah das Busunternehmen eine Mitschuld des Taxefahrers – und bekam vom Amtsgericht München recht.
Die Begründung der Richterin stellt auf den Zweck des Halteverbots an der konkreten Stelle ab: Es war dort eingerichtet gerade um Bussen das rangieren zu ermöglichen. Dem Taxifahrer, der dort häufiger steht, wurde dabei vorgeworfen, eben diese örtliche Besonderheit auch kennen zu müssen. Mit Blick auf die Tatsache, dass nun nicht nur beim Rangieren eines Busses Schäden entstanden sind, sondern dass diese auch noch ausschliesslich an dem Teil des Fahrzeugs aufgetreten sind, der sich im Halteverbot befunden hat, sah das Gericht eine Mitschuld des Taxifahrers in Höhe von 1/3 als gerechtfertigt an.
Im Ergebnis überzeugt die Entscheidung, da hier sachgerecht die konkrete örtliche Situation analysiert wird – das Verkehrszeichen also nicht zum Selbstzweck verkommt. Berücksichtigt wurde dabei auch – deswegen 2/3 Schuld des Busfahrers – dass laut Gericht durchaus genügend Platz zum schadlosen Vorbeifahren vorhanden gewesen wäre. Die detaillierte örtliche Analyse verbietet eine pauschale Übertragung auf sämtliche ähnlich gelagerten Fälle, zeigt aber deutlich den potentiellen Zusammenhang auf zwischen Mitschuld und Halteverbot. Es bleibt zu wünschen, dass alle Richter sich derart sorgfältig mit der Sachfrage beschäftigen.
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