OLG Düsseldorf: Wer ein WLAN betreibt hat Prüfungspflichten (2009)

Überraschend wenig Beachtung hat ein Urteil des OLG Düsseldorf (I-20 W 146/08) vom 11.5.2009 erfahren. Hier hatte sich das OLG, wie schon zuvor (I-20 W 157/07) mit der Haftung eines WLAN-Betreibers als Störer zu beschäftigen. Dabei findet das OLG nicht nur deutliche Worte, sondern setzt sich auch mit der entgegengesetzten Rechtsprechung aus Frankfurt auseinander.

Achtung: Dieser Artikel ist älter, beachten Sie unseren Übersichtsartikel zur Störerhaftung bei einem WLAN

Dabei dürften vor allem diese unscheinbaren Zeilen für Anstoß in der Internetgemeinde sorgen:

Er ist geradezu als eine offene Einladung an diejenigen zu betrachten, die im Internet im Schutze der Anonymität eines fremden Anschlusses rechtswidrige Handlungen vornehmen möchten.

Es ist sicherlich kritikfähig, ob mit diesen Worten wirklich jeder offene WLAN-Zugang pönalisiert werden muss. Es ist zunehmend zu beobachten, dass nicht zuletzt die jüngeren Mitglieder unserer Gesellschaft von einer „Share-Bewegung“ ergriffen werden. Man sieht keinen Sinn mehr darin, Möglichkeiten zu „horten“ und teilweise ungenutzt verfallen zu lassen. Diese spielt sicherlich eine Rolle, wenn Programmierer ihre Software als so genannte „Open-Source“-Produkte auf den markt werfen, oder manche WLAN-Betreiber nicht genutzte Ressourcen der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Dass eine solche eingeräumte Freiheit missbraucht werden kann, ist gerade den Juristen kein Geheimnis – die trotz dieser Missbrauchsgefahr für (und nicht gegen) Grundrechte streiten.

Beim WLAN ist dieser Gedanke offensichtlich zu weit gegriffen, jedenfalls in Düsseldorf. Hier ist jeder, der sein WLAN für die Allgemeinheit eröffnet zugleich Störer für alles, was darüber stattfindet. Insofern treffen den Betreiber Prüfungspflichten, die auch zumutbar sind, denn – so das OLG Düsseldorf:

Bei jeder Einrichtung eines WLAN-Routers muss sich der betreffende Anschlussinhaber ohnehin mit der Installation befassen und wird so nahezu zwangsläufig auf die Frage stoßen, ob er eine der angebotenen Verschlüsselungsarten auswählt. Es bedeutet keinen besonderen Aufwand, diese Frage zu entscheiden und die Installation entsprechend vorzunehmen.

Bei der Frage, welche Techniken der Nutzer einsetzen muss, offenbart das OLG leider wieder einmal erhebliche technische Wissens-Mängel. Zwar erkennt es zu Recht, dass man nicht immer sofort das neueste an Technik einsetzen muss:

Das OLG Frankfurt geht bei der Bewertung des Prüfaufwands unzutreffend davon aus, dass der Anschlussinhaber der nur entgehen könne, wenn er seinen Computer stets mit der neuesten Schutztechnik versehe. […] Hier hat die Antragsgegnerin nicht nur nicht die neueste Technik, sondern überhaupt keine Verschlüsselung eingesetzt. […]Ob darüber hinaus stets die neueste Verschlüsselungstechnik herangezogen werden muss, erscheint auch dem erkennenden Senat zweifelhaft.

Nun wird dem technisch versierten Leser sicherlich sofort auffallen, dass die „neueste Schutztechnik“ am „Computer“ wenig bringt, wenn der Zugang über den vom Computer getrennt aufgestellten WLAN-Router erfolgt. Die technische Lebensferne wird dann noch erweitert durch fehlende Kenntnis der Praxis. Denn das OLG hat einen einfachen Rat, wie man sich schützen kann:

Die Antragsgegnerin hätte die hier gegenständliche Urheberrechtsverletzung im Übrigen noch einfacher dadurch verhindern können, dass sie in ihrer Abwesenheit, während der ihrer Behauptung nach die Verletzung vorgekommen sein soll, den Router abgeschaltet, also vom Stromnetz getrennt hätte. Noch nicht einmal diese, angesichts des ungesicherten Anschlusses wenigstens nahe liegende Vorkehrung hat die Antragsgegnerin getroffen.

Es bleibt wieder einmal fraglich, warum nicht trotzdem auch in Anwesenheit des Nutzers das ungesicherte WLAN „missbraucht“ werden könnte durch Dritte. Das Abschalten bei Abwesenheit schützt bestenfalls davor, dass bei Abwesenheit ein Dritter sich einloggt. Insofern kann der Rat nur für den verhandelten Einzelfall hilfreich sein, in dem behauptet wurde, die Rechtsverletzung fand während der Abwesenheit statt. Ansonsten ist festzustellen, dass Router sich gerne an Orten befinden, wo sie nicht stören – im Keller etwa. Inwiefern es alltagstauglich erscheint, ernsthaft zu verlangen, den Router auszuschalten, wenn man ihn nicht benutzt, oder das Haus verlässt, ist insofern fraglich.

Links dazu:

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
Benutzerbild von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht, Arbeitsrecht und IT-Recht / Technologierecht. Beachten Sie unsere Tätigkeit im Steuerstrafrecht, digitaler gewerblicher Rechtsschutz, IT-Sicherheitsrecht sowie Softwarerecht.