Keine Tierquälerei bei Schuss mit Luftgewehr auf Katze

Das Landgericht Frankfurt, 5/33 Ns 8910 Js 205306/18 (2/20), hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, inwiefern es strafrechtlich relevant ist, mit einem Luftgewehr auf eine Katze zu schiessen. Kern der Thematik ist dabei die Frage, inwieweit hierdurch Schmerzen bei einem Treffern ausgelöst werden. Doch das wahre dicke Ende kommt zum Schluss.

Keine Tierquälerei im Sinne des Gesetzes

Das Gericht bediente sich dazu eines Sachverständigen, der einen schmerzhaften Vorgang feststellte:

Ob ein Tier Schmerzen erlitten hat und ob diese erheblich waren, kann das Gericht in der Regel nicht mittels eigener Sachkunde beurteilen. Erforderlich ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens (OLG Zweibrücken, NStZ 1986, 230; MüKo zum StGB, 3. Auflage, TierschG, § 17 Rn.68).

Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass die Perforation der Haut der Katze durch das Geschoss kurzfristige Schmerzen von geringer bis mittlerer Stärke hervorgerufen hat. Der in der Folge eingetretene sekundäre Wundheilungsprozess in den tieferen Gewebeschichten sei in der Anfangsphase mit entzündungsbedingten Schmerzen geringer Stärke für das Tier verbunden gewesen (…)

Ob die Schmerzen die Erheblichkeitsschwelle übersteigen, lässt sich in der Regel nur anhand der Reaktion des Tieres beurteilen. So sprechen nach außen erkennbare Reaktionen wie lautes Jaulen, Schonhaltungen (z.B. Hinken), Rückzuges des Tieres oder sonstige erkennbare Verhaltensänderungen für das Vorliegen erheblicher Schmerzen. Hier konnte die Zeugin X allerdings keine Verhaltensänderungen bei ihrer Katze feststellen. Berücksichtigt man zudem, dass das Geschoss „nur“ den Oberarm getroffen hat und die Wundheilung komplikationslos verlief, bestätigt dies die Annahme des Sachverständigen, dass das Tier „nur“ leichte bis mittelstarke Schmerzen erlitten hat.

Landgericht Frankfurt, 5/33 Ns 8910 Js 205306/18 (2/20)

Damit war allerdings der Straftatbestand der Tierquälerei ausgeschlossen, denn

  1. Da die Katze durch den Schuss nicht getötet wurde, ist § 17 Nr.1 TierschG nicht verwirklicht.
  2. Auch scheidet eine Strafbarkeit nach § 17 Nr.2 a und b TierschG aus. Beide Alternativen des § 17 Nr.2 TierschG erfordern nämlich, dass dem Tier erhebliche Schmerzen zugefügt wurden. Da mit den getroffenen Feststellungen die Katze allerdings „nur“ Schmerzen von geringer bis mittlerer Stärke erlitten hat, scheidet eine Verwirklichung des §17 Nr.2 TierschG aus.

Straflos kam der Übertäter gleichwohl nicht davon.


Aber: Sachbeschädigung durch den Schuss auf die Katze

Der Schütze hat mit dem Gericht durch den Schuss mit dem Luftgewehr auf die Katze den objektiven Tatbestand der Sachbeschädigung verwirklicht:

Tiere unterfallen dem strafrechtlichen Begriff der Sache und können daher taugliche Objekte einer Sachbeschädigung sein. Dem steht der durch Art. 1 Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht vom 20.8.1990 eingefügte § 90a BGB nicht entgegen. Danach sind Tiere keine Sachen, auf sie finden jedoch die für Sachen geltenden Vorschriften grundsätzlich entsprechend Anwendung. Die Sacheigenschaft von Tieren i.S.d § 303 bleibt hingegen erhalten, um dem Anliegen des Gesetzgebers, durch die neue gesetzliche Regelung den strafrechtlichen Schutz von Tieren keinesfalls zu schmälern, gerecht zu werden (…)

Eine Sachbeschädigung liegt vor, wenn die Sache in ihrer Substanz verletzt, also die stoffliche Unversehrtheit der Sache beeinträchtigt wird (RGSt 13, 27; BGH, NStZ 1982, 508; BeckOK StGB, 47. Ed., §303 Rn.9 m.w.N.). Geringfügige Substanzbeeinträchtigungen (z.B. mit bloßem Auge kaum sichtbare minimale Kratzer) bleiben hierbei allerdings ebenso außer Betracht wie solche, die sich ohne nennenswerten Aufwand an Mühe, Zeit und Kosten alsbald beheben lassen oder die üblicherweise gar nicht beseitigt werden (BGHSt 29, 129 für Kleben eines Plakates auf einen Stromkasten; Schönke/Schröder StGB, 30. Aufl., § 303 Rn.9).

Da bei der Katze eine Substanzverletzung durch den Eintritt des Projektils eingetreten ist, stellt sich alleine die Frage, ob es sich bei der schnell verheilenden Eintrittsverletzung, durch die keine erheblichen Schmerzen hervorgerufen wurde, nicht lediglich um eine geringfügige Substanzverletzung handelt, die durch die körpereigene Wundheilung ohne „nennenswerten Aufwand“ behoben wurde. Dies könnte eine Sachbeschädigung ausschliessen!

Das sieht das Gericht aber nicht als Problem, denn vorliegend ist das Projektil sogar noch tiefer eingedrungen – und weiterhin in der Katze vorhanden:

Dies kann hier im Ergebnis allerdings dahinstehen, da jedenfalls die Verletzung des tieferliegenden Gewebes, d.h. der Muskeln und Faszien, eine mehr als geringfügige Substanzverletzung darstellt. Bei den Muskeln sowie den Faszien als Bestandteil des Bindegewebes handelt es sich um integrale Bestandteile des Tierkörpers, die durch das Eindringen des Projektils längerfristig geschädigt wurden. Nach den getroffenen Feststellungen ist insoweit ein Heilungsprozess von bis zu vier Wochen erforderlich, der mit leichten Schmerzen verbunden ist.

Schließlich wurde auch durch den dauerhaften Verbleib des abgekapselten Projektils als Fremdkörper im Körper des Tieres dessen stoffliche Unversehrtheit dauerhaft beeinträchtigt.

Es handelt sich vorliegend auch nicht um einen Fall, in dem die Substanzverletzung üblicherweise nicht beseitigt wird. Wie festgestellt, kann es beim Verbleib bleihaltiger Projektile im Körper eines Tieres zu Folgeschäden kommen, etwa wenn das Geschoss „wandert“, d.h. seine Lage verändert, oder Blei durch die Organe aufgenommen wird. Wenn die Lage des Projektils es zulässt, sollte es daher entfernt werden.


Im Ergebnis kann von einer Straflosigkeit keine Rede sein – und ziemlich teuer dürfte das ganze Unterfangen für den Schützen auch noch sein:

Da er bestritten hatte, überhaupt auf die Katze geschossen zu haben, kam auch noch ein ballistischer hinzu, der umfangreich untersuchte: So wurden zunächst durch Beschießen der sichergestellten unter Laborbedingungen Vergleichsgeschosse gewonnen, in denen sich die individuellen Spuren des Waffenlaufes stabil und reproduzierbar abbildeten. Diese Spuren wurden sodann mittels eines Vergleichsmakroskops mit den Spuren auf dem Tatgeschoss verglichen und mit einem Scannsystem für Munitionsteile dokumentiert. Hinzu kommt der Sachverständige für die Schmerzen des Tieres (und die waffenrechtliche Beurteilung der Erlaubnisfreiheit der Waffe). Die Verfahrenskosten dürften äusserst empfindlich ausfallen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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