Die Einziehung von Taterträgen beim untauglichen Versuch

Mit seiner Entscheidung vom 25. Juli 2024 hat das Oberlandesgericht Frankfurt (Az. 7 Ws 253/23) eine grundlegende Frage zur von Taterträgen geklärt: Ist die Vermögensabschöpfung auch dann möglich, wenn es sich lediglich um den untauglichen Versuch einer Straftat handelt? Der Fall drehte sich um mutmaßliche Insidergeschäfte, bei denen der Beschuldigte aufgrund vermeintlicher Insiderinformationen Wertpapiere erworben und mit Gewinn veräußert haben soll. Die Entscheidung beleuchtet die rechtlichen Grundlagen und zeigt die Abgrenzung zwischen Versuch und Vollendung auf.

Sachverhalt

Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, in 154 Fällen Wertpapiere erworben zu haben, teilweise auf Basis echter, teilweise auf Basis vermeintlicher Insiderinformationen. In 55 Fällen lagen nach Ansicht der BaFin tatsächliche Insiderinformationen vor, während in den übrigen 99 Fällen keine solchen Informationen existierten. Dennoch war der Angeklagte überzeugt, mit Insiderwissen zu handeln, und führte entsprechend seine Geschäfte aus. Das Landgericht Frankfurt ordnete einen in Höhe von über 1,2 Millionen Euro an. Gegen diesen Beschluss legte der Angeklagte Beschwerde ein, unter anderem mit der Begründung, beim untauglichen Versuch fehle eine Grundlage für die Vermögensabschöpfung.


Rechtliche Würdigung

1. Einziehung von Taterträgen auch beim Versuch

Das OLG stellte klar, dass die Einziehung von Taterträgen nach § 73 StGB unabhängig davon möglich ist, ob eine Tat vollendet oder nur versucht wurde. Maßgeblich ist, dass der Täter durch die Tat etwas erlangt hat. Im vorliegenden Fall war dies durch die erworbenen Wertpapiere und deren Veräußerung der Fall. Die Unterscheidung zwischen tauglichem und untauglichem Versuch spielt dabei keine Rolle, da beide Varianten als rechtswidrige Taten im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB gelten.

2. Vermögensabschöpfung bei versuchten Straftaten

Die Rechtsauffassung, dass Vermögensabschöpfung lediglich bei vollendeten Taten möglich sei, wurde vom OLG zurückgewiesen. Entscheidend ist die objektive Bereicherung des Täters, die sich in diesem Fall durch die Verfügungsgewalt über die erworbenen Wertpapiere und die erzielten Erlöse manifestiert. Der Gesetzgeber hat mit der Reform des Vermögensabschöpfungsrechts 2017 klargestellt, dass auch bei versuchten Taten der Bruttoerlös aus der Tat der Einziehung unterliegt.

3. Untauglicher Versuch und das Abzugsverbot

Das Gericht betonte, dass die Aufwendungen für den Erwerb der Wertpapiere, wie etwa Transaktionsgebühren und Steuern, nicht abzugsfähig sind (§ 73d StGB). Dies gilt sowohl für vollendete als auch für versuchte Taten. Die Entscheidung beruht auf der Gesetzesbegründung, die den quasi-bereicherungsrechtlichen Charakter der Vermögensabschöpfung hervorhebt. Der Täter, der bewusst eine verbotene Handlung vornimmt, soll nicht durch Abzüge von seinen Aufwendungen profitieren.

4. Verhältnismäßigkeit und Sicherungsbedürfnis

Die Anordnung des Vermögensarrests wurde vom Gericht als verhältnismäßig und notwendig erachtet. Der diene der Sicherung der Vollstreckung und sei erforderlich, da konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Angeklagte Vermögen verschieben könnte. Das Gericht betonte, dass eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Vollstreckungsverfahren erfolgen müsse, nicht jedoch bei der Anordnung des Arrests.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt hat weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Vermögensabschöpfung. Sie bestätigt, dass auch beim untauglichen Versuch eine Einziehung möglich ist, wenn der Täter objektiv Vermögensvorteile erzielt hat. Dies unterstreicht den präventiven Charakter der Vermögensabschöpfung und stärkt die Rechtsposition der Strafverfolgungsbehörden.

Fazit

Das Urteil zeigt, dass der Gesetzgeber mit der Reform des Vermögensabschöpfungsrechts einen klaren Rahmen geschaffen hat, der auch den untauglichen Versuch einbezieht. Das OLG Frankfurt hat diese Linie bestätigt und klargestellt, dass das Ziel der Einziehung in der Beseitigung rechtswidriger Vermögensvorteile liegt. Die Entscheidung trägt dazu bei, die Rechtsanwendung in diesem Bereich zu vereinheitlichen und unbillige Ergebnisse zu vermeiden – und erhöht drastisch die wirtschaftlichen Risiken für Betroffene.

Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht bei Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Rechtsanwalt Jens Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht und widmet sich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht - mit Schwerpunkten in Cybercrime, Cybersecurity, Softwarerecht und Managerhaftung. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht sowie zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

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Rechtsanwalt Jens Ferner

Von Rechtsanwalt Jens Ferner

Rechtsanwalt Jens Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht und widmet sich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht - mit Schwerpunkten in Cybercrime, Cybersecurity, Softwarerecht und Managerhaftung. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht sowie zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

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