Das Geständnis, die Einlassung, ist im Strafprozess wesentlich – und es gilt der eherne Grundsatz, dass alleine der Zeitpunkt des Geständnisses nicht zum Nachteil des Mandanten verwendet werden darf. Eigentlich – denn es gibt da doch einige Besonderheiten.
Dazu auch: Schweigen des Angeklagten
Bedeutung der Einlassung
Regelmäßig ist ein Geständnis aber als ein bestimmender Strafmilderungsgrund im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO anzusehen: Maßgeblich für die Bedeutung eines Geständnisses ist dabei mit dem BGH, inwieweit darin ein Bekenntnis des Angeklagten zu seiner Tat liegt, in ihm Schuldeinsicht und Reue zum Ausdruck kommen und durch seine Ablegung das Prozessziel der Erreichung von Rechtsfrieden gefördert wird (BGH, 4 StR 240/97 und 4 StR 481/16).
Zeitpunkt kann gegen Glaubhaftigkeit sprechen
Das strafmildernde Gewicht eines Geständnisses kann aber geringer sein, wenn dafür prozesstaktische Überlegungen bestimmend waren und die Strafkammer dies durch ein in den Urteilsgründen darzulegendes Prozessverhalten bestätigt sieht (BGH, 1 StR 193/07).
So betont der BGH immer wieder, dass im Hinblick auf die Möglichkeit einer Anpassung der Einlassung an die Ergebnisse der Beweisaufnahme insbesondere auch der Zeitpunkt, zu dem sich ein Angeklagter zur Sache einlässt, ein Umstand sein kann, der gegen die Glaubhaftigkeit der Einlassung sprechen kann (BGH, 2 StR 78/16 und 2 StR 69/19). Aber: Es wäre mit dem BGH rechtlich bedenklich, allein aus dem Zeitpunkt der Äußerung des sich zuvor schweigend verteidigenden Angeklagten im Rahmen des letzten Wortes auf eine rein prozesstaktische Motivation zu schließen (BGH, 3 StR 68/21 und 4 StR 72/22).
Allerdings gilt die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses grundsätzlich auch in den Fällen, in denen prozesstaktische Überlegungen mitbestimmend waren (BGH, 4 StR 72/22).
Zeitpunkt der Einlassung nicht mitgeteilt
Es ist daher dann auch ein reversibler Fehler, wenn der Zeitpunkt der Einlassungen in der Hauptverhandlung nicht mitgeteilt wird:
Da an die Bewertung der Einlassung eines Angeklagten die gleichen Anforderungen zu stellen sind wie an die Beurteilung von Beweismitteln, hat der Tatrichter sich seine Überzeugung von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Einlassung des Angeklagten aufgrund einer Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme zu bilden (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1986 – 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 34).
Dabei kann ein Wechsel der Einlassung im Laufe des Verfahrens ein Indiz für die Unrichtigkeit der Einlassung in der Hauptverhandlung sein und ihre Bedeutung für die Beweiswürdigung verringern oder unter Umständen ganz entfallen lassen (Senat, Urteil vom 16. August 1995 – 2 StR 94/95, BGHR StPO § 261 Einlassung 6). Im Hinblick auf die Möglichkeit einer Anpassung der Einlassung an die Ergebnisse der Beweisaufnahme kann auch der Zeitpunkt, zu dem sich ein Angeklagter zur Sache einlässt, ein Umstand sein, der im Rahmen der Gesamtwürdigung gegen die Glaubhaftigkeit der Einlassung spricht (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2001 – 3 StR 580/00, BGHR StPO § 261 Aussageverhalten 21).
BGH, 2 StR 78/16
Die Würdigung des Geständnisses in der Revision
Die Würdigung und Bewertung des Geständnisses sowie die Bestimmung seines strafmildernden Gewichts sind dem Tatgericht vorbehalten, das bei seiner Überzeugungsbildung den Zweifelssatz zu beachten hat. Die Frage, ob ein Gericht aus dem Prozessverhalten fehlerhaft auf ein rein taktisches Geständnis geschlossen hat, ist dabei mit der Sachrüge anzugreifen – und das Beruhen regelmäßig zu bejahen – insbesondere wenn rechtsfehlerhaft nicht die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde:
Ein Beruhenszusammenhang kann daher nicht mit der Begründung verneint werden, ein etwa abgelegtes Geständnis hätte auf die Strafzumessung keinen Einfluss genommen, weil es nicht von Schuldgefühl und Reue, sondern von auf Eigennutz beruhenden prozesstaktischen Überlegungen getragen gewesen wäre. Schließlich vermag der Senat auch jenseits der Frage, ob der Angeklagte bei Gewährung des letzten Wortes unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein Geständnis abgelegt hätte, ein Beruhen des Strafausspruchs auf dem Rechtsfehler nicht gänzlich auszuschließen.
BGH, 4 StR 72/22
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