Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied am 6. August 2024 (Az. StB 45/24), dass ein Antrag auf Bestellung eines Pflichtverteidigers unzulässig ist, wenn noch kein Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller eröffnet wurde und dieser keine offizielle Mitteilung über das Bestehen eines solchen Verfahrens erhalten hat.
Gesetzliche Grundlage und Begründung
Gemäß § 141 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung (StPO) ist die Bestellung eines Pflichtverteidigers nur möglich, wenn die betroffene Person Beschuldigter in einem Strafverfahren ist. Die Strafverfolgungsbehörden müssen dem Beschuldigten durch eine amtliche Mitteilung oder auf andere Weise die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht haben.
Die Entscheidung betont, dass vor der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens oder während Ermittlungen, die noch nicht offen geführt werden, keine Grundlage für die Bestellung eines Pflichtverteidigers besteht. Dies bedeutet, dass eine Person, die lediglich vermutet, sie könnte das Ziel von Ermittlungen sein, keinen Anspruch auf einen Pflichtverteidiger hat. Auch interne Prüfvorgänge, wie etwa das ARP-Verfahren (Allgemeines Register für Staatsschutzstrafsachen), stellen kein formelles Ermittlungsverfahren dar und begründen daher keinen Anspruch.
Warum ist ein Antrag vor Mitteilung unzulässig?
Die Unzulässigkeit eines Antrags auf Pflichtverteidigerbestellung vor einer offiziellen Mitteilung des Ermittlungsverfahrens liegt darin begründet, dass der Status als Beschuldigter erst dann rechtsverbindlich ist, wenn die Behörden formell ein Ermittlungsverfahren einleiten und dies dem Betroffenen mitteilen. Vor dieser Mitteilung handelt es sich um bloße Vermutungen oder Vorermittlungen, die keine rechtlichen Ansprüche auf Verteidigungshilfe auslösen. Dies ist im Gesetz und der Rechtsprechung klar verankert, um sicherzustellen, dass die Rechte auf Verteidigung strukturiert und auf konkreten, formellen Grundlagen basieren.
Fazit
Ein Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers ist vor der Mitteilung eines Ermittlungsverfahrens unzulässig, weil es an der formalen Voraussetzung der Beschuldigtenstellung fehlt. Die Entscheidung des BGH betont die Notwendigkeit einer klaren und formellen Mitteilung der Strafverfolgungsbehörden, bevor Ansprüche auf rechtliche Verteidigung geltend gemacht werden können.
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