Bei Körperverletzung Untersuchungshaft?

Das Bundesland Hamburg möchte den §112a StPO ändern – man sieht Reformbedarf, vor allem, weil der §223 StGB () für sich genommen zur Zeit kein Grund ist, eine anzuordnen. Anders ist das bei den qualifizierten Körperverletzungsdelikten, etwa dem §224 StGB, der gefährlichen Körperverletzung. In der Bundesrats-Drucksache 24/11 wird darauf verwiesen:

Auch eine vorsätzliche Körperverletzung kann jedoch mit erheblicher Brutalität begangen werden und zu schwerwiegenden Folgen für das Opfer führen. Folglich entspricht auch der Strafrahmen des § 223 StGB mit einer von bis zu fünf Jahren dem anderer Katalogtaten des § 112a StPO.

Da werden dann mal wieder Äpfel mit Birnen verglichen. In der Tat haben die §§223, 224 StGB die gleiche Höchstjahreszahl von 5 Jahren – abder der §224 StGB sieht immerhin auch eine Mindeststrafe von 3 Monaten vor, was hier unter den Tisch fallen soll in der Begründung. Hinzu kommt, dass durch die Betonung „erhebliche Brutalität“ und „schwerwiegende Folgen“ gerade das gesetzgeberische Wertungsmodell unterlaufen werden soll: Der Gesetzgeber hat beim StGB im Rahmen des §226 StGB bestimmte schwerwiegende Folgen gesondert sanktioniert. Eben dieser §226 StGB ist logischerweise auch dann ein Haftgrund im Rahmen des §112a StPO.

Wo man dann dabei ist, möchte man die Systematik des §112a StPO dann insgesamt reformieren: Bisher genügten einige wenige Straftaten als Verdacht und bei den anderen benötigte man eine „wiederholung oder fortgesetzte handlung“. Das nun ergänzt werden um ein drittes Kriterium, nämlich eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftat. Inwiefern die z.B. in diesem Kriterium vorgesehene schwere Körperverletzung nicht die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigen kann, bleibt offen.

Letztlich ist ein Vorschlag zu erkennen, der in erster Linie von moralischen Gedanken getragen ist und deswegen sicherlich Anklang in der Bevölkerung finden kann – ob er aber aus fachlicher Sicht als Bereicherung der eingeordnet werden kann möchte ich bezweifeln.

Der neue §112a I StPO soll dann wie folgt aussehen:

(1) Ein Haftgrund besteht auch, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig ist,

  1. eine Straftat nach den §§ 174, 174a, 176 bis 179 oder nach § 238 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches oder
  2. eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftat nach § 89a, nach den §§ 224 bis 227, nach den §§ 249 bis 255, nach den §§ 306 bis 306c oder nach § 316a des Strafgesetzbuches oder
  3. wiederholt oder fortgesetzt eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftat nach § 125a, nach § 223, nach den §§ 243, 244, 260, nach § 263 des Strafgesetzbuches oder nach § 29 Abs. 1 Nr. 1, 10, 13 oder Abs. 3, nach § 29a Abs. 1, nach § 30 Abs. 1, nach 30a Abs. 1 oder Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes

begangen zu haben, und bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, dass er vor rechtskräftiger Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen oder die Straftat fortsetzen werde, die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich und in den Fällen der Nummern 2 und 3 eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten ist. In die Beurteilung des dringenden Tatverdachts einer Tatbegehung im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 sind auch solche Taten einzubeziehen, die Gegenstand anderer, auch rechtskräftig abgeschlossener Verfahren sind oder waren.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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