Illegales hochladen: Geschützte Nutzerdaten trotz Rechtsverletzung

Bei illegalem Hochladen eines Films auf eine Online-Plattform kann der Rechtsinhaber nach der zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vom Betreiber nur die Postanschrift des betreffenden Nutzers verlangen, nicht aber dessen E-Mail-Adresse, oder Telefonnummer. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 9.7.2020, C-264/19).

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: In den Jahren 2013 und 2014 wurden zwei sog. Blockbuster-Filme ohne Zustimmung der Filmverleih-Firma, die die alleinigen Nutzungsrechte in Deutschland besaß, auf der Videoplattform hochgeladen, die mehrere zehntausend Male angeschaut wurden. Die Filmverleih-Firma verlangte daraufhin vom Videoplattform Betreiber und seinem Mutterkonzern eine Reihe von Auskünften über jeden Nutzer, der sich zuvor mit einem Benutzerkonto registriert und die Filme hochgeladen hatte.

Der EuGH befand: Gerichte sind nicht verpflichtet, im Zusammenhang mit dem Hochladen eines Films auf eine Online-Videoplattform ohne Zustimmung des Inhabers des Urheberrechts gegenüber dem Betreiber der Videoplattform anzuordnen, die E-Mail-Adresse, die IP-Adresse oder die Telefonnummer der Nutzer herauszugeben, die den streitigen Film hochgeladen haben. Die Bekanntgabe der „Adressen“ von Personen, die ein Recht des geistigen Eigentums verletzt haben, bezieht sich ausschließlich auf die Postanschrift.

Laut EU-Richtlinie können Gerichte Auskunftserteilung über den Ursprung und die Vertriebswege von Waren oder Dienstleistungen anordnen, die ein Recht des geistigen Eigentums verletzen. Zu diesen Informationen gehören u. a. die „Adressen“ der Hersteller, Vertreiber und Lieferer der rechtsverletzenden Waren oder Dienstleistungen. Als „Adresse“ ist in diesem Sinn lediglich die Postanschrift gemeint, also der Wohnsitz beziehungsweise der Aufenthaltsort einer bestimmten Person. Das umfasst gerade nicht Angaben, wie E-Mail-Adresse, Telefonnummer oder die IP-Adresse.

Dies dient der Beachtung verschiedener Rechte, beispielweise des Rechts der Rechtsinhaber auf Auskunft auf der einen Seite und des Rechts der Nutzer auf Schutz ihrer personenbezoge- nen Daten auf der anderen Seite.

Beachten Sie: Der Gerichtshof hat jedoch klargestellt, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, den Inhabern von Rechten des geistigen Eigentums einen weitergehenden einzuräumen, allerdings unter dem Vorbehalt, dass ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen betroffenen Grundrechten gewährleistet ist, sowie der Beachtung der anderen allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts, wie etwa des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
Letzte Artikel von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht) (Alle anzeigen)
Benutzerbild von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht, Arbeitsrecht und IT-Recht / Technologierecht.