Fahranfänger:  Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar

Das Verwaltungsgericht Aachen, 3 L 775/20, hat betont, dass einem Inhaber einer auf Probe („Probezeit“) die Fahrerlaubnis zu entziehen ist, wenn er einer vollziehbaren Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar nicht nachkommt. Zugleich betont es aber, dass zwingende Voraussetzung für die Entziehung der Fahrerlaubnis in diesem Fall ist, dass die Straßenverkehrsbehörde dem Fahranfänger eine datumsmäßig bestimmte Frist gesetzt hat, bis zu deren Ablauf er das Aufbauseminar besucht haben muss.

In einem solchen Fall ergeben sich die Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis aus § 2 a Abs. 3 StVG.

Danach ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn der Inhaber einer Fahrerlaubnis einer vollziehbaren Anordnung der zuständigen Behörde zur Teilnahme an einem Aufbauseminar nach § 2 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVG nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen ist. Nach dieser Vorschrift hat die Fahrerlaubnisbehörde unter anderem dann, wenn gegen den Inhaber einer Fahrerlaubnis wegen einer innerhalb der Probezeit begangenen schwerwiegenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit eine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, die in das Verkehrszentralregister einzutragen ist, die Teilnahme an einem Aufbauseminar anzuordnen und hierfür eine Frist zu setzen. Nach diesen Vorschriften kann die Fahrerlaubnis also nicht entzogen werden, wenn dem Fahranfänger keine Frist zur Teilnahme an einem Aufbauseminar gesetzt wurde, die er einzuhalten hatte. Im Hinblick auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut und die einschneidende Rechtsfolge setzt die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVG eine ausdrückliche Fristsetzung voraus:

Diese Auslegung findet ihre Bestätigung in der Gesetzesbegründung: In der Zusammenschau mit dem Gesetzeswortlaut lässt sich ihr entnehmen, dass der Gesetzgeber eine solche Fristsetzung gerade deshalb verlangt, weil er die nicht fristgerechte Befolgung behördlicher Anordnungen als Weigerung des Betroffenen ansieht, diesen nachzukommen. Hieran anknüpfend soll die Ermächtigung zur Entziehung der Fahrerlaubnis den straßenverkehrsbehördlichen Maßnahmen im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe den erforderlichen Nachdruck verleihen und deutlich machen, dass die Probezeit für den Fahranfänger eine Zeit der ist, in der besondere Anforderungen an sein Verkehrsverhalten und auch an seine aktive Teilnahme an behördlich angeordneten Maßnahmen gestellt werden.

Der so begründeten einschneidenden Rechtsfolge stellt der Gesetzgeber als rechtsstaatliches Korrektiv das Erfordernis der Fristsetzung durch die Behörde gegenüber, das für den Betroffenen Klarheit schafft, unter welchen Voraussetzungen er mit der Entziehung der Fahrerlaubnis rechnen muss. Das Erfordernis der Fristsetzung hat der Gesetzgeber in der seit dem 1. Januar 1999 geltenden Gesetzesfassung noch deutlicher herausgestellt, indem er es im Gegensatz zur Vorläuferfassung ausdrücklich nicht nur in § 2 a Abs. 3 StVG, sondern zusätzlich in Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 aufgenommen hat.

Verwaltungsgericht Aachen, 3 L 775/20
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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