eBay: Nachträgliche Änderung des Angebotes nach erstem Gebot unbeachtlich

Das Amtsgericht Dieburg (20 C 945/14) hat festgestellt, dass Angebote und Gebote einer -Auktion nur geändert werden dürfen, wenn Anbieter oder Bieter dazu gesetztlich berechtigt sind:

Sobald bei einer ebay-Auktion auf ein Angebot geboten wurde, darf der Anbieter das Angebot nur noch ändern, wenn er gesetzlich dazu berechtigt ist. Wenn ein Angebot ohne gesetzliche Berechtigung geändert wird, kommt bei Bietende ein Vertrag mit dem Höchstbietendem und dem Inhalt des ursprünglichen Angebots zu Stande.

Dabei lag hier der Wurm im Sachverhalt: Der Anbieter bot einen PKW, jemand hat hierauf ein erstes Angebot gemacht. Nach diesem Angebot dann änderte der Anbieter sein Angebot, indem er hinzufügte, der PKW sei innerhalb von 7 Tagen abzuholen, ansonsten falle eine Standgebühr an. Der Bieter wiederum teilte kurz vor Ende der „Auktion“ mit, er fühle sich an sein Gebot nicht mehr gebunden, der Anbieter solle es „streichen“. Der Anbieter forderte dann am Ende vom Bieter den Kaufpreis plus Standgebühr. Das Gericht erkannte zu Recht, dass der Käufer den Kaufpreis zu entrichten habe, eine vertragliche Abrede über die Standgebühr nicht zu Stande kam.

Die Entscheidung ist im Ergebnis Richtig, in ihrer allgemeinen Formulierung aber falsch (wobei das Gericht die allgemeine Frage gar nicht zu entscheiden brauchte): Ich sehe die Relevant der späteren Abänderung des Angebots nur dann, wenn es bereits einen „Bieter“ gibt. Wer erst nach der erfolgten Änderung bietet, bietet auf das Angebot mit der entsprechenden Formulierung. Interessant dürfte dies hier aber dann werden, wenn der Bieter darauf verweist, dass er das Angebot früher im Detail gelesen habe und später nur noch den oberen Teil der Seite, ohne das „Update“ zur Kenntnis nahm. Hier könnte man über Anfechtungsmöglichkeiten nachdenken.

Letztlich gilt: Der kommt mit dem Inhalt zustande, wie das Angebot zum Zeitpunkt des letzten Höchstgebots des späteren Käufers formuliert war.

Aus der Entscheidung:

Der Vertragsschluss bei sog. Online-Auktionen erfolgt nicht durch Zuschlag des Auktionators im Sinne des § 156 BGB, sondern durch Einigung mittels Angebot und Annahme im Sinne der §§ 145 ff BGB. Der Erklärungsinhalt der jeweiligen Willenserklärung (§§ 133, 157 BGB) richtet sich hierbei auch nach den Bestimmungen über den Vertragsschluss in den AGB des Internetportals, denen die Beteiligten vor der Teilnahme an der Internet-Auktion zugestimmt haben.

Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietenden ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zu Stande. Allerdings räumt § 9 Ziff. 11 der Ebay-AGB den Anbietern ein, ihr Angebot vor Ablauf der festgesetzten Auktionszeit zurückzunehmen, „wenn sie gesetzlich dazu berechtigt sind.“ Auch Bieter dürfen ein Gebot zurücknehmen, „wenn sie dazu gesetzlichen berechtigt sind“, § 10 Ziff. 7 Ebay-AGB.

Eine Abänderung der Angebote, wie hier von der Klägerin vorgenommen, sehen die AGB von eBay nicht vor.

Eine Änderung der Vertragsbedingungen könnte aber als Rücknahme des ursprünglichen und Abgabe eines neuen Angebotes gesehen werden. Dann müsste die Klägerin dazu „gesetzlich berechtigt“ gewesen sein, § 9 Ziff. 11 Ebay-AGB.

Eine Berechtigung zur einseitigen Abänderung eines Angebots sieht das Gesetz aber nicht vor. Gemäß § 145 BGB ist der Antragende an seinen Antrag grundsätzlich gebunden. Eine Ausnahme macht die Vorschrift nur, wenn die Gebundenheit ausgeschlossen wurde.

Da bei über die Internetplattform eBay zu Stande gekommenen Kaufverträgen – die unmittelbar nur zwischen dem jeweiligen Kunden und der Plattformen gelten – die eBay AGB als Verkehrssitte i.S.d. § 157 BGB Teil der jeweiligen Willenserklärung werden und zu berücksichtigen sind, könnte sich ein Ausschluss der Gebundenheit aus den AGB ergeben.

§ 9 Z. 11 eBay AGB verweist auf die gesetzliche Berechtigung, die keinen Ausschluss kennt.

Nichts anderes ergibt sich aus den „weiteren Informationen“, die über die genannte Vertragsklausel angeklickt werden können.

Dort befindet sich ein Absatz, der die Möglichkeit von Vertragsänderungen beinhaltet. Danach ist jedoch eine Änderung des Angebots, die die AGB betreffen, nicht mehr möglich, wenn noch mehr als 12 Stunden bis zum Angebotsende verbleiben, und bereits Angebote auf den Artikel abgegeben wurden.

Dies gilt erst recht, wenn – wie hier – neue AGB vor mehr als 12 Stunden bis zum Bietende eingeführt werden.

Die Möglichkeit der Rücknahme eines Angebots ergibt sich auch nicht aus den sonstigen „weiteren Informationen“, die über § 9 Z. 11 eBay-AGB aufgerufen werden können. Soweit dort eine Rücknahme auch ohne rechtlichen Grund erwähnt wird, handelt es sich nicht um eine eigenständige Regelung, die dem Wortlaut der Vertragsklausel widerspricht.

Der BGH hat mit den beiden Entscheidungen vom 12.11.2014 (VIII ZR 42/14) und vom 10.12.2014 (VI ZR 90/14), denen sich das erkennende Gericht voll inhaltlich anschließt, ausgeführt, dass es sich hierbei lediglich um einen Hinweis zur Abwicklung einer berechtigten vorzeitigen Angebotsbeendigung handelt und keinen eigenständigen Anspruch schafft. Es handelt sich um das rechtliche Können nicht um das rechtliche Dürfen. Wegen der weiteren Gründe wird auf die beiden genannten Entscheidungen des BGH (a.a.O.) zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Somit ist die Klägerin an ihr ursprüngliches Angebot gemäß § 145 BGB i.V.m. § 9 Z. 11 eBay AGB gebunden. Die Vertragsklausel zur Zahlung von Standgebühren wurde kein Inhalt des Angebots. Das Einstellen des ursprünglichen Angebots durch die Klägerin stellte das verbindliche Angebot auf einen Vertragsschluss dar, gerichtet an den Höchstbietenden im Zeitpunkt des Ablaufs der Auktion.

Da der Beklagte bei Auktionsende Höchstbietender war, kam der Kaufvertrag mit ihm und dem Inhalt des Angebots der Klägerin und seinem Höchstangebot zu Stande.

Auch der Beklagte konnte seine in Form seines Gebotes abgegeben Willenserklärung nicht zurücknehmen.

Eine Rücknahme des Gebots ist, wie das des Angebots, nur bei Vorliegen einer gesetzlichen Berechtigung möglich, § 10 Z. 7 eBay AGB.

Eine solche liegt nicht vor.

Ein Grund zur Rücknahme ergibt sich auch nicht aus der unberechtigten späteren der streitgegenständlichen Vertragsklausel durch die Klägerin.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich um eine Pflichtverletzung i.S. der §§ 241 II, 311 II Ziff. 2, 433 BGB handelt. Nach diesen Vorschriften ist nämlich ein vom Vertrag nicht möglich. Vielmehr ist der Vertrauensschaden zu ersetzen. D.h. der Geschädigte kann gemäß § 249 Abs. 1 BGB verlangen, so gestellt zu werden, wie er ohne das schädigende Verhalten des anderen Teils gestanden hätte (Palandt-Grüneberg, BGB, 72. Aufl. 2013, Rn. 54 f m.w.N.).

Ohne das schädigende Verhalten bliebe es jedoch bei dem ursprünglichen Angebot, so dass der Vertrag entsprechend der Willenserklärung im Zeitpunkt der Abgabe seines Höchstgebotes mit Auktionsende entstand. Dem Beklagten ist kein Schaden entstanden; sein Erfüllungsinteresse bleibt aufrechterhalten. Nur wenn infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des anderen Teils ein Vertrag zu Stande gekommen ist, hat der Geschädigte Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrages (Palandt-Grüneberg, BGB, 72.. Aufl. 2013, Rn. 55).

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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